Frau zwischen zwei Welten

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
emmmbeee Avatar

Von

Die Titelheldin Issa kehrt schwanger in die Heimat ihrer Mutter Ayudele zurück, welche mit einem Deutschen verheiratet ist und in Deutschland lebt. Issa soll Rituale vollziehen, die ihrem Ungeborenen zu einem guten Start ins Leben verhelfen. Widerwillig, hin und her gerissen zwischen modernem Denken und der Angst vor der Missgunst der Geister ihrer Ahnen fliegt sie nach Kamerun. Im Lauf ihres Aufenthaltes bekommt sie deutlich zu spüren, dass sie sich zwischen zwei Welten befindet: zu schwarz für Deutschland und zu europäisch für Kamerun.
Mit ihr taucht der Leser in die Familien-Vergangenheit und das Leben in diesem afrikanischen Land ein. Noch sind die Deutschen als Sklavenhalter nicht ganz aus dem Denken der Einheimischen verschwunden. Vielfach wird noch immer gedienert und gekuscht, und der Rassismus ist keineswegs vom Tisch.
Mirrianne Mahn schreibt in einer speziellen Sprache, deren Melodie und Gebrauch nicht wie bei den gewohnten Gegenwartsautoren (obwohl deutsch verfasst) klingt, sondern bei der man das im weitesten Sinn exotisch – afrikanische Denken herausspürt. Das macht diesen Roman auch so eindrücklich und berührend. Mir gefällt die sehr bilderreiche, sinnliche Sprache. Ein Beispiel: „Eine Träne tritt über die Ufer meiner Lider.“
Es ist die Geschichte einer großen Familie, die sich mit insgesamt sieben Generationen in die Handlung einfügt. Frauen, die zwar so gut wie rechtlos sind, aber doch über eine solche Stärke verfügen, dass sie sich immer wieder behaupten können. Eine große Rolle spielen die Ahnen, die im Empfinden der Protagonisten immerzu anwesend sind und die oft angerufen werden, um den Lebenden beizustehen und zu raten. Sogar in den Neugeborenen werden sie einige Zeit lang vermutet.
Es geht um Schweres, das sich dank der eleganten, flüssigen Erzählweise federleicht und unterhaltsam liest. Wir bekommen einen Einblick in die sozialen Strukturen, die Hierarchie besonders unter den Frauen. Zur besseren räumlichen Orientierung gibt es eine Landkarte vom Gebiet, in dem die Handlung sich abspielt. Auch eine Familientafel, Erläuterungen und Übersetzungen helfen beim Lesen. Von dieser Autorin wünsche ich mir weitere Werke.
Ich empfehle den Roman allen, die sich für die Problematik interessieren, aber auch jenen, deren Anteilnahme den Menschen aus anderen Erdteilen gilt.