Das Leben im Hoffnungslauf

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toniludwig Avatar

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Die österreichische Journalistin und Schriftstellerin Doris Knecht ist aus der Literaturwelt nicht mehr wegzudenken und wie in ihrer vorherigen Romanen schreibt sie über eine Frau in der späten Mitte ihres Lebens.
In >>Ja, nein, vielleicht<<, welches erneut bei Hanser Berlin erscheint, ist es eine namenlose Schriftstellerin, nicht sonderlich erfolgreich, aber gefestigt in ihren Ansichten und immerhin mit zwei Wohnungen.
Ein wohl nicht mehr zu rettender Zahn bringt ihr Gleichgewicht ein wenig durcheinander, hat sie doch sonst alles im Griff und für jedes mögliche gesundheitliche Problem einen ärztlichen Spezialisten an der Hand.
Die Kinder sind aus dem Haus, der Mann inzwischen auch, der Traum einer Karriere als E-Gitarristin wird ein Traum bleiben.
Auch eine ihrer Schwester, die vorübergehend ihre Einraum-Wohnung in der Stadt benötigt, scheint ein unausgesprochenes Eheproblem umzutreiben, doch geredet wird in der Familie eher weniger, der Frieden nach aussen möge erhalten bleiben.

Zumindest auf dem Lande, wo die Schriftstellerin mit ihrem Hund hauptsächlich wohnt, gibt es hilfsbereite Nachbarn, denn auch dort zeigen sich Risse im Haus, bedroht ein ausgehöhlter Baum das Dach und auch ein Mader treibt im im Dachgeschoss sein Unwesen.

Dies ist der Ausgangspunkt der Geschichte, doch die Gleichförmigkeit des Daseins wird durchbrochen durch die Begegnung mit Friedrich, der nie gänzlich aus ihren Gedanken verschwunden ist, Friedrich, mit dem sie die Millenniumsnächte in New York liebend verbrachte.
Sie trafen sich später auch in Paris, die Schriftstellerin war noch als Journalistin tätig, Friedrich wohl als Fotograf.
Die Wege gingen auseinander, es gab keinen Streit, im Leben verliert man zuweilen auch jene aus den Augen, die man mag.
Der Protagonistin geht es in den vierundzwanzig Jahren danach nicht schlecht, sie bekommt Kinder, die Zwillinge Mila und Max, die im Roman jedoch kaum eine Rolle spielen.
Umso mehr baut sich ein unspezifisches Misstrauen gegenüber Männern auf, die immer nur Schwierigkeiten machen, in denen so viel Scheiße steckt und die das Leben von Frauen oftmals nur zerstören.
Woher dieses pessimistische Männerbild kommt, wird leider nicht näher beschrieben, >>das kommt vom Leben als Frau<< wird hierzu lapidar erklärt und vom Faible für Verrückte, Narzissten, Borderliner, Depressive, Sexsüchtige, Junkies, besser und sicherer sei es ohne Mann.

Umso merkwürdiger nun, dass die Erscheinung von Friedrich nahezu zur Obsession wird.

Und Frau wird aufgeregt , erinnert sich an ihre Impulskontrollstörung, putzt nicht nur emsig ihre Wohnung, sondern räumt sie gar um, für jenen innerlich erhofften Fall, dass Friedrich, mit dem sie nach ihrer unverhofften Begegnung die Adressen tauscht, sie besuchen könnte, möchte sie auch hier gefallen.

Parallel dazu treten die Eheprobleme ihrer Schwester immer offenkundiger zutage und ihre beste Freundin Therese plant tatsächlich parallel ihre Hochzeit mit Eddie.
Dies wirkt etwas konstruiert, ermöglicht aber der Erzählerin, viele ihrer Gedanken, ihrer Unsicherheit, ihrer Zweifel darzulegen, dies ist die grosse Stärke dieses kleinen Romans.
Tatsächlich kommt es zu Begegnungen mit Friedrich und zu der Frage, ob das erneute sich Einlassen mit einem Mann eine Gefährdung des inneren Friedens erwarten lässt, mit einer Abkehr von Freiheit und Unabhängigkeit einhergeht oder ob sich nicht doch eine Chance eröffnet, mit dem Anderen gemeinsam und unaufgeregt ein Stück durch das endliche Leben zu gehen, es muss ja nicht gleich in eine Hochzeit münden.

All dies erzähl Doris Knecht in gewohnt eindrucksvoll-lakonischer Sprache, ein gutes Buch für den Sommer, unterhaltsam mit einem überschaubaren Personenkreis.

Das latenten Unbehagen, was dem männlichen Rezensenten bleibt, ist eben jene bereits geschilderte doch recht eindimensionale Sicht auf alle Männer, die Danksagung am Ende des Buches umfasst tatsächlich namentlich ausschliesslich Frauen.

Dem Roman jedoch wünsche ich eine paritätische Leserschaft, denn letztlich wird auch die Frage verhandelt, worauf es wirklich ankommt im Leben.