ein stiller scharfsinniger Roman!

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katma Avatar

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Ich muss gestehen, ich bin ein kleiner Doris Knecht Fan und da das Buch so schmal ist, habe ich mich ganz vorsichtig genähert und langsam gelesen, damit ich mehr davon habe. Ich habe die Worte eingesogen, mir ganz viele Sätze markiert und werde das Buch ganz sicher wieder lesen! Inhaltlich knüpft es für mich an „Eine unvollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ an.

Die Protagonistin, eine Autorin Mitte 50, hat sich in ihrem Leben eingerichtet, sie ist zufrieden; allein aber nicht einsam; nicht mehr ganz jung, aber nicht alt; gesund (na gut, bis auf den Zahn); finanziell abgesichert; die Kinder sind aus dem Haus… alles ist gut, sie ist so komplett bei sich, dass ich schon ein kleines bisschen neidisch bin (neidisch, nicht missgünstig!). Da ploppt Friedrich in ihr Leben, ein Mann, der früher schon mal wichtig war, der also kein Unbekannter ist, und schon beginnt das Gedankenkarussell, das sie doch eigentlich geglaubt hatte, verlassen zu haben. Will sie sich wirklich wieder nach einem Mann richten, auf seine Anrufe warten, seinem Gequatsche über Naturwein lauschen, den sie gar nicht mag, ihren Körper bewerten lassen, die Welt durch seine Augen sehen? Will sie wirklich ihre Komfortzone verlassen? Was könnte sie in einer neuen Partnerschaft finden?

Oh Gott, ich habe den Text geliebt! Er ist so eine Wohltat! Ich liebte die Gedanken übers Älterwerden, über Freundschaften und habe herzlich gelacht über unsere Art (also die von vielen Frauen – wie mir zum Beispiel), immer mehrere Schritte zu weit zu sein, wenn man an eine beginnende Beziehung denkt. Das ist so authentisch und nahbar! Humorvoll und selbstironisch blickt sie auf das Nicht-mehr-gesehen-werden als ältere Frau, auf die Freuden des Alleinseins aber auch die Ängste vor Einsamkeit. Für mich hat sie wieder genau den richtigen Nerv getroffen und mich mit ihrer Geschichte vollends überzeugt!