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murphy12 Avatar

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Das Buch ist in angenehmer Sprache flüssig geschrieben und lässt sich schnell lesen. Es ist eher eine Selbstbetrachtung oder eine Selbstreflektion der Hauptfigur. Eine Spannung oder auch nur eine Aufregung sucht man in diesem Buch vergebens. Es ist jedoch nicht langweilig- auch wenn ich einige Aspekte des Buches eher kritisch betrachte. Thematisch war es völlig anders als erwartet. Erwartet hatte ich eine Liebesgeschichte zwischen einem (sehr) jungen Mann und einer deutlich älteren Frau. Dieser Aspekt war zwar vorhanden, nimmt aber eigentlich wenig Raum ein.
Der Leser lernt die Hauptfigur Zeljko Drazenko Kovacevic genannt Jimmy kennen, als er 15 Jahre alt ist und seinerseits Martha kennenlernt. Sie ist in etwas im Alter seiner Mutter und eine der Arbeitgeberinnen der Mutter. Jimmy hat 2 Geschwister. Sein Vater arbeitet auf dem Bau und ist deshalb überwiegend auf Montage, so dass die Kinder ohne eine Vaterfigur aufwachsen. Die Mutter kümmert sich allein um die Kinder und hat zudem 3 Putzstellen. Deshalb ist sie ebenfalls kaum zu Hause. Die Kinder arbeiten zudem mit, da sie andernfalls die Arbeit nicht bewältigen könnte. Jimmy hat gute Noten, wird von der überwiegenden Lehrerschaft jedoch benachteiligt und ausgebremst. Seine Eltern sind ihm keine Hilfe gegen die Schule als Institution. Er hat nur ein sehr geringes Selbstvertrauen und weiß nicht, wo sein Platz im Leben ist. Er möchte gegen alle Widerstände seine intellektuellen Möglichkeiten ausschöpfen und schafft es schließlich an die Uni mittels Stipendium. Kaum ein Mensch baut über das ganze Buch hinweg eine tiefere und stabile Beziehung zu Jimmy auf. Zudem distanziert er sich tatsächlich auch von seiner Kernfamilie. Dabei bleibt offen, ob dieses bewusst oder eher unbewusst erfolgt.
Die Beziehung zu Martha, die sich nicht wirklich entwickelt, sondern eher pulsiert, ist schwer zu greifen. Es scheint keine tatsächliche Liebesbeziehung zu sein. Es vermittelte eher auf mich den Eindruck, als ob Martha mit Zeljko spielt und teilweise auch ausnutzt. Er scheint neben der Suche nach körperlicher Nähe, besonders auf der Suche nach einem Vorbild zu sein, das ihm hilft an der Uni und allgemein im Leben einen Platz zu finden und anzukommen. Diese Suche erstreckt sich auch auf einen Professor, der ihn auch eher auszunutzen scheint.
Es ist ausdrucksstark und nachvollziehbar geschrieben, wie Zeljko durch sein Leben taumelt und seine eigentlichen Ziele gar nicht beschreiben kann. Er ist oft unzufrieden, auch wenn er sein Ziel erreicht hat. Seine Zerrissenheit tat mir in der Seele weh. Das Werk ist über weite Strecken melancholisch.
Es ist ein ungewöhnliches und ergreifendes Werk, ohne viel Herzschmerz. Der Klappentext ist leider schlecht gewählt und weckt (zumindest bei mir) falsche Erwartungen.
Insgesamt spreche ich eine Leseempfehlung aus.