Ein Buch über das Leben

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missbibliophile Avatar

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Jimmy, der eigentlich Željko heißt, ist am Anfang des Romans 15 Jahre alt und lebt mit seiner Familie, die Kroaten aus der Herzegowina sind, in Ludwigshafen. Eines Tages lernt er die viel ältere Martha kennen, die Professorin in Heidelberg ist und für die Jimmys Mutter putzt. Er ahnt da noch nicht, dass sie ihrer beider Leben ab da an jahrelang miteinander verwoben werden sein.
Der erste Teil des Romans hat mir sehr gut gefallen. Sprachlich war er eine Wucht und manche Formulierungen habe ich mehrmals lesen müssen, weil sie mir sehr gut gefallen haben.
In vielen Szenen können sich meiner Meinung nach viele Menschen wiederfinden, die selbst einen Migrationshintergrund haben. Diese Tatsache hat der Handlung einen Reiz verliehen, die über einige Schwächen hinweggeholfen hat.
Diese Schwächen wurden in der zweiten Hälfte sichtbar, als plötzlich Alex Donelli auftaucht, ein Literaturprofessor, der den Status eines Popstars in München genießt und unkonventionelle Lehrmethoden in seinen Kursen und Vorlesungen verwendet. Donelli, der selbst aus einfachen Verhältnissen stammt, nimmt Jimmy unter seine Fittiche und wird von diesem auch vergöttert. Donelli verhält sich Željko gegenüber teilweise wie ein Vater und teilweise wie ein Liebhaber, ohne dass es zu einer Liebesbeziehung zwischen ihnen kommt.
Dieser zweite Teil des Romans hat mir nicht mehr so gut gefallen, weil ich Donelli und seine Rolle etwas klischeehaft fand und eine Art Wiederholung von Martha. Beide sind ältere Personen in Machtpositionen, die Gefallen an Jimmy finden und sich beide in Beziehungen mit ihm befinden, in denen beide Seiten Nutzen voneinander schlagen.
Eine solche Beziehung verstehe ich, aber eine zweite? Was an Jimmy ist so besonders, dass sich Menschen wie Martha und Alex sich für ihn interessieren? Er ist zwar ein Junge mit Migrationshintergrund, der studiert, aber so selten sind diese Personen ja gar nicht.
Wenn der Autor mehr darauf eingegangen wäre und weniger auf Segelmanöver und Beschreibungen des nächtlichen Münchens, hätte das Buch mir noch mehr gefallen, als es bereits tut. Aber das ist nur Jammern auf hohem Niveau, denn der Roman ist eines der besten, die ich in letzter Zeit gelesen habe und unbedingt eine Empfehlung.