Geschichten von uns

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constanze_pachner Avatar

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"Eigentlich heißt er Zeljko, aber alle nennen ihn 'Jimmy'. Er ist 15, als er sich in die Frau verliebt, für die seine Mutter putzt: Martha Gruber ist selbstsicher, gebildet und Professorin in Heidelberg. Zeljko lebt mit seiner Familie zu fünft in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen, seinen Lesehunger stillt er mit dem Sammeln von Zeitungen aus Altpapiertonnen. Über ein ganzes Jahrzehnt hinweg bewegt sich das ungleiche Paar zwischen Intimität und Illusion, ..." Klappentext

Im morgendlichen Bewegungsrausch auf der Heidelberger Neckarwiese, den Blick stets in Wasserrichtung gehalten, entdeckte ich am Flussufer zwei sich tragende Menschen und erhaschte vom Wind, die mir zugetragenen Wortfetzen ihrer lächelnden Stimmen. Ungefragt drückte mich der Wind in ihre Richtung, uneingeladen nahm ich neben ihnen Platz. Ungezwungen stellten wir uns freundlich vor und spürten in einem Moment des Gleichklangs die verträumt gehaltvolle Zauberkraft dieses Ortes. Zeljko nahm meine Hand und begann mit intimer Leidenschaft seine Geschichte im Land Deutschland zu erzählen.
@martinkordic belebt diese Ich-Erzählstimme mit einer plastisch gefühlvollen Einfachheit, die sich selbst immer wieder im Spannungsfeld von kraftvoll-impulsiven als auch verletzt-zärtlichen Elementen aufreibt.
Martha hingegen erhob sich und lief in den Dunst des Nebels hinein - es schien, als würde sie die Wolken ausfüllen. Immer tiefer horchte ich voller Ehrfurcht in 'Jimmy' hinein, konnte bewegt nachspüren, dass Marthas Wohnort tatsächlich sinnbildhaft die Wolken waren, die voller Sog entschieden, ob Jimmy nass oder trocken blübe. Ein Sinnbild für ein Sozialgefälle, für eine ungerechte Bildungsmaschinerie, für all das, was in unserem Land an Chancenungleichheit regnen kann, hältt hier mit dramaturgisch glasklarer Leichtigkeit die bewegende Stimmung der Geschichte zusammen.

Definitiv werde ich nach dieser Lektüre Chips mit Ketchup probieren😉!