Jahre mit Martha

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eulenmatz Avatar

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MEINUNG:

Jahre mit Martha war ein Buch, um welches man 2022 nur schwer herum gekommen ist und wir haben es auch für den Buchklub ausgewählt. Außerdem mag ich sehr gerne Lebensgeschichten. Das Buch kann man vermutlich als autofiktionalen Roman bezeichnen, denn möglicherweise ist auch kleines bisschen autobiographisches vom Autor verarbeitet.

Jahre mit Martha ist die Geschichte von Željko, der von vielen nur "Jimmy" genannt wird. Seine Eltern kamen mit ihren drei Kindern nach Deutschland, um von dem dortigen damaligen Krieg zu fliehen. Sie wohnen in Ludwigshafen in einer 2-Zimmer-Wohnung. Jimmys Eltern habe bis zu drei Jobs gleichzeitig, um die Familie über Wasser zu halten. Als Jimmy 15 Jahre ist, lernt er die viel ältere Martha kennen, bei der Jimmys Mutter putzt. Martha führt Jimmy in die Welt der Bildung und Kultur ein. Schnell wächst mehr zwischen den beiden und es entsteht eine lange Beziehung über viele Jahre.

Auf den ersten Blick lässt sich die Geschichte natürlich schnell in die Schublade Ältere-Frau-verliebt-sich-inn-jungen-Mann stecken, aber es ist vielmehr als das. Natürlich nimmt die Beziehung zu Martha einen großen Stellenwert ein in Željkos Leben. In jüngeren Jahren findet diese Beziehung natürlich nicht wirklich auf Augenhöhe statt und ist teilweise wirklich fragwürdig, vor allem von Marthas Seite aus, zumal Željko anfangs noch minderjährig ist. Später als er studiert, schickt sie im eine Kreditkarte, mit der er sich alles kaufen kann, was er möchte. Das fand ich in beide Richtung wirklich höchst seltsam. Er nutzt dies natürlich aus und bei ihr habe ich mich gefragt, ob sie sich hier Zuneigung und sich begehrt fühlen erkaufen möchte. Die Beziehung gewinnt aber an Stabilität und streckenweise haben beide auch wenig Kontakt. Sie bleibt aber bis zum Schluss und rührt am Ende wirklich auch zu Tränen.

Željko empfand ich zunächst als wirklich unfassbar naiv, aber man kann es ihm schwer vorstellen. Die Familie lebt mit dem Nötigsten, in einem Land, in dem sie gezwungen sind sich komplett anzupassen. Željko lernt erst mit Martha die Welt kennen und später im Studium gibt es einen weiteren Förderer. In meinen Augen wurde es ihm zunächst wirklich leicht gemacht, aber erkennt teilweise nicht, dass alles auch seinen Preis hat und die wenigsten Menschen einfach etwas umsonst tun, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen. Als Željko am ersten Tiefpunkt ist, fällt es ihm schwer da allein wieder herauszukommen. Ich mochte allerdings den Familienzusammenhalt und dass sie auch auf engsten Raum dann alle wieder zusammen leben. Er weiß immer, wohin er gehört. Diese Botschaft hat der Autor schön vermittelt. Mir gefiel auch der Einblick in die Kultur auf dem Balkan, den man hier bekommt. Da gibt ein paar amüsante Schilderungen. 

FAZIT:

Jahre mit Martha ist nicht ausschließlich eine Liebesgeschichte. Es ist vielmehr eine Coming-of-Age-Roman und die Geschichte einer Emanzipation von Željko, der im Laufe der Geschichte erwachsen wird. Ich mochte diese Geschichte voller Liebe, auch zur Heimat und Familie.