Mehr als nur ein Liebesroman

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schmökerwürmchen Avatar

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Zeljko, der von allen der Einfachheit halber Jimmy genannt wird, begegnet Martha zum ersten Mal mit 15, als seine Mutter ihren 40. Geburtstag feiert. Martha verkörpert Wohlstand und Bildung, Zeljko ist auf eine noch unbestimmte Art fasziniert von ihr. Denn er lebt mit seine Eltern und den beiden Geschwistern in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen, der Vater arbeitet unter der Woche auf diversen Baustellen, die Mutter hat mehrere Putzstellen. Als Gastarbeiterfamilie haben sie keinen einfachen Stand in der Gesellschaft, doch den Kindern soll es später besser gehen. Ursprünglich stammen sie aus der Herzegowina. Zeljko ist in Deutschland geboren und Inhaber eines deutschen Passes, doch seine Wurzeln legen ihm immer wieder Steine in den Weg und er muss um einiges mehr für seine Wünsche kämpfen. Martha dagegen ist Professorin, bewohnt eine Villa mit Pool in Heidelberg, besitzt Bildung und eine Bibliothek. Unter anderem putzt seine Mutter für Martha Gruber. In jenem Sommer, als Zeljko ihr zum ersten Mal begegnet, bietet sie ihm einen Ferienjob an. Dadurch eröffnet sich ihm eine völlig neue Welt, Martha ermöglicht ihm uneingeschränkten Zugang zur Bibliothek, nimmt ihn mit in die Oper und zeigt ihm ihre Welt. Sie unterstützt ihn. Doch inwieweit handelt es sich um tatsächliche Liebe?

Dieser Roman hat mir außerordentlich gut gefallen. Das Buch wird aus Zeljkos Sicht geschrieben und liest sich schon fast wie eine Autobiografie. Vor allem die poetische Sprache hat es mir angetan, der Autor versteht es wunderbar, immer im richtigen Moment die Emotionen an den LeserIn heranzutragen, ganz große Klasse. Man begleitet Zeljko bis in sein Erwachsenenalter, immer wieder kommt es zum Kontakt mit Martha, doch dazwischen vergeht immer wieder mal einige Zeit.
Es handelt sich nicht um einen reinen Liebesroman, viele Themen werden hier behandelt. Besonders die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen der Bildungselite und den Einwanderern wird hier deutlich und hat mir nochmal eine andere Perspektive eröffnet und mich zum Nachdenken angeregt.
Der Protagonist ist auf der Suche nach sich selbst, begegnet immer wieder Vorurteilen und muss für Bildung deutlich mehr kämpfen als andere.
Besonders gefallen haben mir die immer wiederkehrenden Bezüge zur Literatur. Vor allem die Texte von Hertha Kräftner haben es nicht nur Zeljko angetan, beschreiben diese doch auf so wunderbare Weise den Lauf des Lebens.
Mir hat sich zwischendurch immer wieder die Frage gestellt, ob es sich um eine ernsthafte Liebe handelt. Sicher, Zeljko ist fasziniert von Martha, doch inwieweit spielt sie mit ihm, nutzt ihn aus, hält ihn für käuflich? Jedoch wird hier niemals der moralische Zeigefinger erhoben.
Ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen, wollte immerzu wissen, wie es mit dem Protagonisten weitergeht, ob er seine Ziele erreicht, wie sich die Bindung zu Martha letztendlich entwickelt. Und auch das Ende war für mich absolut perfekt und setzt dem ganzen die Krone auf. Ein Buch, das sicherlich noch lange nachhallen wird.