Authentisch und berührend

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Als junges Mädchen kommt Leonore auf der Flucht vor den Russen nach Lich-Steinstraß auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen. Der Bäcker Hannes gibt ihr Arbeit und ein Zuhause. Als evangelischer Flüchtling wird sie von den erzkatholischen Dorfbewohnern jedoch nur geduldet und findet keinen Anschluss, deshalb sucht sie ihre Zuflucht im Wald. Nach der Geburt ihres Sohnes Paul und der Übernahme von Hannes`Bäckerei empfindet sie das Dorf trotzdem als Heimat. Als Paul zwölf Jahre alt ist, sollen Wald und Dorf dem Tagebau weichen. Leonore stemmt sich gegen die Umsiedlung in eine seelenlose Neubausiedlung, muss aber nach sechs Jahren den Widerstand aufgeben. Paul zieht dort seine beiden Kinder Jan und Sarah groß, die später im Kampf um die Reste des Waldes - inzwischen Hambacher Forst genannt - als erbitterte Gegner gegenüber stehen.

Andreas Wagner ist ein überzeugendes Debüt gelungen. Sehr sachlich, authentisch und trotzdem berührend erzählt er nicht nur die Geschichte der Leonore Klimkeit und ihrer Familie, sondern auch von Flucht und Vertreibung nach dem zweiten Weltkrieg und vom Kampf um den Hambacher Forst. Sehr kritisch beleuchtet er die Machenschaften der Firma Rheinbraun, dem Betreiber des Tagebaus, der die Bewohner des Dorfs zur Umsiedlung nötigt. Auch mit der Zwangsevakuierung der "Baumbesetzer" die um die Reste des Waldgebiets kämpfen, setzt er sich sehr detailliert und kritisch auseinander. Hier kann man deutlich spüren, dass er sich mit diesem Thema sehr intensiv befasst hat.

Ganz besonders beeindruckt hat mich Leonore, die ganz allein auf sich gestellt nicht nur die Flucht bewältigt hat, sondern auch für Hannes und seine Mutter da war und später nicht nur ihren Sohn, sondern auch ihre Enkel großgezogen hat. Eine starke Persönlichkeit, die trotz aller Anfeindungen ihren Weg gegangen ist. Ihre Geschichte, verknüpft mit der Geschichte des Hambacher Forsts, hat mich so gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte.

Fazit: Sehr empfehlenswert für jeden, der Interesse an der neueren deutschen Geschichte hat.