Debütroman erzählt eine Drei-Generationen-Geschichte

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sonnenblumenkind70 Avatar

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Leonore flüchtete von Ostpreußen in den Westen der BRD – in das Ruhrgebiet – in ein Dorf zwischen Köln und Aachen. Ihre Eltern und ihren jüngeren Bruder verlor sie während der Kriegsjahre. So kommt sie als junge Frau in das kleine Dorf. Um überleben zu können, sucht sie eine Unterkunft und Arbeit. Der Bäcker Hannes Immerath und seine Mutter Änne führen eine Bäckerei im Dorf. Leonore bekommt die Chance, dort das Bäckerhandwerk zu erlernen. Männerbekanntschaften gehören nicht zu ihrem Lebensalltag, deshalb bleibt sie alleine. Dennoch hegt sie den Wunsch nach einem Kind. Eines Tages wird sie schwanger. Dorfbewohner sowie Hannes und Änne Immerath erfahren nicht, wer der Kindsvater ist. Selbst ihr Sohn Paul erfährt es nicht bis zu ihrem Tod. Sie nimmt es in den 2010er mit ins Grab. Leonore muss zeitlebens noch einmal ihre Heimat – die Bäckerei und das Haus – verlassen, weil ein Großkonzern Kohle als Energiequelle in ihrem Dorf abbauen möchte. Somit baut sie mit ihrem Sohn Paul ein neues Zuhause auf. Paul selbst gründet eine Familie, die allerdings irgendwann scheitert. Seine Kinder Jan und Sarah wachsen bei ihm und der Oma auf.
Andreas Wagner erzählt in seinem Debütroman eine Drei-Generationen-Geschichte über Verluste, Heimat und Tradition. Leonore als Hauptprotagonistin begleitet alle Figuren in der Geschichte. Ihre Flucht als solche wird nicht erzählt, sondern das Ankommen im Dorf zwischen Köln und Aachen. Ihr Chef Hannes, seine Mutter und die Dorfbewohner werden zu ihrer Familie bis sie selbst eine kleine Familie gründet. Ihr Sohn Paul bleibt ihr einziges Kind, der in den 1960er Jahren geboren wird. Paul wiederum gründet ebenfalls eine Familie, aus der seine Kinder Jan und Sarah hervorgehen. Ebenso erzählen die Kinder ihr Leben in diesem Buch, allerdings aus der Perspektive der Gegenwart. Dorfleben, alte Backrezepte sowie der Klimaschutz und die Aktivisten der Klimaschutzkampagnen bilden den Rahmen des Romans. Leonore ist eine starke Frauenfigur, die trotz Flucht und Verluste ihren Weg alleine bis zu ihrem Tod gegangen ist. Andreas Wagner umschreibt die Aktivitäten von Sarah als Klimaaktivistin in einer Art, als ob er selbst bei den Aktionen rund um die Aktivitäten am Hambacher Forst beteiligt gewesen wäre. Dem Autor gelingt der Bogen zwischen Nachkriegszeit und Gegenwart, in den Zeiten, in denen die jeweiligen Figuren ihre Ziele und Kämpfe des Alltags im Auge behalten und ausfechten.
Der Buchtitel und das Buchcover sprechen einem zunächst nicht an, weil man auf dem ersten Blick davon ausgeht, es handelt sich um ein naturwissenschaftliches Buch. Aber welche Bedeutung die abgebildeten Maiglöckchen auf dem Cover haben, wird in der Geschichte erläutert.
Als ich die ersten Seiten gelesen habe, wurde ich in einem Sog mitgerissen, umso tiefer ich in die Geschichte vordrang. Mein Debüthighlight im Herbst 2020.