Die Evangelische und der Wald

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brenda_wolf Avatar

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Andreas Wagners Debütroman „Jahresringe“ umfasst die Geschichte einer Familie und ihrer Heimat über 3 Generationen hinweg.

Leonores Flucht hat sie bis in die Gegend vom Hambacher Forst verschlagen. Sie findet ein Ende, als sie bei dem freundlichen Moppenbäcker Jean Immenrath, genannt Hannes, Unterschlupf und Arbeit findet. Sie gibt vor 21 Jahre alt zu sein, ist in Wahrheit jedoch erst 13. Die Ortsfremde, das Flüchtlingsmädchen aus Ostpreußen, ist im Dorf nicht willkommen. Die Leute lassen es ihr spüren, sie erlebt Anfeindungen. Man nennt sie verächtlich die Evangelische aus dem Osten. In Hannes hat sie jedoch einen Menschen gefunden, dem sie vertrauen kann. Änne Immenrath, Hannes Mutter, betrachtet sie eher als notwendiges Übel.

Leonore zieht es in ihrer knappen Freizeit in den Wald. Der Wald erscheint ihr genauso erholsam wie ein tiefer Schlaf. Hier trifft sie auf den geistig und körperlich zurückgeblieben Arnold Harbinger, ebenfalls ein Außenseiter, in ihm findet sie einen Freund.

So vergehen die Jahre. An Männern ist sie nicht interessiert, doch sie wünscht sich ein Kind. Sie wird von einem Priester geschwängert, der im Wald ihrem Zauber verfällt und gebiert einen Sohn. Paul ist ihr das reine Glück, obwohl sich das ganze Dorf das Maul darüber zerreißt, wer wohl der Vater des Kindes ist.

Der zweite Teil erzählt von Leonores Sohn Paul und von der Abforstung des Waldes durch einen Energieversorger, der Wald muss dem Abbau des Braunkohle-Tagebaus weichen. Ganze Dörfer werden umgesiedelt.

Der dritte Teil widmet sich Pauls Kindern Jan und Sarah. Sarah ist Umweltaktivistin. Mit ihr verbindet Leonie eine ganz besondere Beziehung. Ihrer Enkelin erzählt sie von ihrem Vater. Erst spät hat Leonie die Wahrheit über diesem Mann erkannt, jedoch dazu geschwiegen. Endlich kann sie darüber reden.

Eine Geschichte ist eingebettet um die Geschehnisse um den Hambacher Forst, zugleich eine Nachkriegserzählung. Und natürlich geht es um Heimat. Der Autor zeichnet ein sehr eindrucksvolles Bild vom dörflichen Leben in den Aufbaujahren, aber auch von Bigotterie und Ablehnung. Der Leser erfährt vom Raubbau an der Natur, von Umweltzerstörung und von Menschen, die Aufstehen und Widerstand leisten.

Die Geschichte liest sich leicht und flüssig. Mir gefielen vor allem die starken Frauen, Leonie und Sarah. Der Roman lässt nicht kalt, er berührt und regt zum Nachdenken an, trotz einiger Längen.