Entwurzeln und Verwurzeln

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wilde hummel 1 Avatar

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Andreas Wagner hat mit seinem Buch "Jahresringe" das Leben einer Familie über drei Generationen beschrieben. Als durchgehender Faden spielt das Thema Heimat eine Rolle. Zuerst ist da Leonore, die nach dem Ende des 2. Weltkrieges aus Ostpreußen flieht und in einem kleinen Dorf zwischen Köln und Aachen eine neue Heimat findet. Doch sie bleibt für immer auch das Flüchtlingsmädchen und ein wenig fremd. Ihr Sohn Paul, den sie ohne Vater aufzieht, findet Arbeit bei einem Kohlekonzern. Der Braunkohleabbau frisst das Dorf und die Landschaft. Die riesigen Bagger graben und verkahlen die Welt. Der Wald schrumpft und die Landschaft verarmt. Der Enkel Jan wird Baggerführer und die Enkeltochter Sarah zur Waldbesetzerin. Die Bilder vom Hambacher Forst und der Kampf um den Erhalt des Restwaldes sind noch sehr präsent. Andreas Wagner schreibt und beschreibt in flüssigem Erzählstil. Allerdings streift er in seinem Buch zu viele Themenkomplexe, als ob er alles in einem Buch hineinzwängen wollte. Die Lebensläufe der einzelnen Personen müssten nach meinem Eindruck nicht mit so vielen emotionalen Hotspots versehen werden. Damit verliert der Roman eher, weil die Themen nur kurz angeschnitten keine Tiefe erreichen. Nazivergangenheit, Flüchtlingsschicksal, Alleinerziehend, Schwulsein, Widerstand und weitere Lebenslaufattribute hätten für mehrere Roman ausgereicht. Weniger wäre mehr gewesen. Dennoch gut lesbar und ein gelungener Bogen vom alten zu neuem vertrieben werden und der Bedeutung von Heimat.