Geschändete Natur

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emmmbeee Avatar

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Leonore Klimkeit ist als Ost-Flüchtling in ein Dorf geraten, dessen Bewohner ihr mit Vorurteilen begegnen. Sie hat für ihr zartes Alter, das sie grosszügig nach oben aufrundet, bereits viel zu viel gesehen und erlebt. Nun findet sie beim Moppenbäcker und seiner Mutter Aufnahme. Soweit hat sich bis heute im Flüchtlingswesen wenig geändert.
Doch Leonore levitiert manchmal. Sie kann ohne Hilfsmittel schweben, sich oberhalb des Erdbodens bewegen. Dabei wird sie von gewöhnlichen Menschen nicht wahrgenommen, nur von Tieren und dem Dorf-Aussenseiter. Auch der Pfarrer nimmt sie wahr und denkt, sie sei die Jungfrau Maria. Diesen Moment nutzt Leonore, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen.
Ihr Sohn Paul bildet die zweite Generation, er erlernt das Bäckerhandwerk. Doch als eine Kohletagbau-Gesellschaft immer mehr Grund aufkauft und Häuser niederreisst, will Leonore ihrem Kind vor allem eins ersparen: so wie einst sie seine Wurzeln gewaltsam herausreissen und woanders neu einpflanzen zu müssen.
Die dritte Generation, Pauls Kinder, wiederum steht sich als Gegner gegenüber, alles im Zusammenhang mit geschändeter Natur.
Von Beginn an haben wir es mit mutigen, unerschrockenen Menschen zu tun. Vor allem auf Leonores Charakterisierung ist Andreas Wagner eingegangen. Doch auch die farbige Zeichnung der anderen Personen hat mich tief beeindruckt.
Mir hat die eindringliche Schilderung dieser schweren Schicksale sehr gefallen. Meine Sympathien sind eindeutig auf der Seite von Leonore, aber auch von Hannes, Arnold und Paul. In sachlichem Ton und dennoch nahe gehenden Schilderungen tut sich vor dem Leser eine beinahe archaische Welt auf.
Was es mit den Maiglöckchen auf sich hat, erschloss sich mir erst spät. Und auch die kaum sichtbaren Jahresringe auf dem Cover sind klug eingesetzt.
Ich hoffe, dass diesem Romandebut noch viele weitere Werke folgen werden.