Geschichte ohne wirklichen Tiefgang

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Der Roman „Jahresringe“ von Andreas Wagner erzählt die Geschichte des ostpreußischen Flüchtlingsmädchens Leonore, ihrem Sohn Paul und dessen Kindern Sarah und Jan. Er ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil, der die Jahre von 1946 bis 1964 erzählt, handelt von der Ankunft Leonores im Ort Lich-Steinstraß, ein Ort in der Nähe des später bekannt gewordenen Hambacher Forst, und ihrem schwierigen Leben als unerwünschte Fremde. Im zweiten Teil (1976 bis 1986) werden die Jugendjahre ihres Sohnes Paul und die Umsiedlung des Dorfes, das dem Braunkohle-Tagebau weichen muss, beschrieben. Im letzten Teil von 2017 bis 2018 vervollständigen dann Leonores Enkel Sarah und Jan, beide auf unterschiedliche Weise als Aktivistin und Arbeiter in den Braunkohle-Abbau involviert, das Konstrukt des generationenübergreifenden Romans. Die Geschichte behandelt gleichermaßen die Themen Heimat, Flucht und Ankommen sowie auch Natur und Umweltschutz und zeigt die Problematik und ferner die psychologischen Aspekte von „Entwurzelung“ der Menschen und der Natur.

An sich, wie ich finde, eine gute Idee für einen Roman. Leider hat mich die Umsetzung nicht überzeugt. Meiner Meinung nach ist die Geschichte für die behandelte Problematik zu oberflächlich und zu kurz gefasst. Ich konnte mich nicht so richtig in die Geschichte einfühlen, weil ich keinen wirklichen Zugang zu den Personen gefunden habe. Mir haben facettenreichere Beschreibungen der Personen gefehlt, einiges hat sich mir nicht erschlossen oder war unvollständig oder auch befremdlich (zum Beispiel der Teil über Pauls Zeugung oder die mystischen Erfahrungen Leonores). Es ist mir zudem schwergefallen, in einen Lesefluss zu kommen. Zum Teil werden Aspekte sehr genau beschrieben (die Modell-Eisenbahn von Pauls Freund), für die Entwicklung der Geschichte wichtige Dinge wie zum Beispiel die Kindheit von Leonores Enkeln bekommen dagegen zu wenig Raum. Die Sprache ist eher einfach gehalten, wobei ganz vereinzelt Fremdworte benutzt wurden, die mir unbekannt waren (levitieren, kolportieren, Juffer) und die für mich nicht zum Stil der Geschichte gepasst haben.

FAZIT: Eine interessante Thematik für einen spannenden Roman, aber meiner Meinung nach zu oberflächlich umgesetzt.