Heimatlos

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frollein_wunderbar Avatar

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Leonore ist fremd, ein Mädchen, allein auf sich gestellt, heimatlos. "Nach Westen, nur nach Westen" hat ihre Mutter sie beschworen. Dann strandet sie, eine Evangelische, in einem erzkatholischen kleinen Dorf, doch so schwer es ihr auch gemacht wird, sie sie findet Vertraute und Freunde - und bleibt.
Leonore begleitet uns durch das ganze Buch, doch nur im ersten Drittel ist sie die Hauptfigur. Im zweiten Drittel tritt Leonore in den Hintergrund, erzählt wird nun nach einen Zeitsprung von Pauls Kindheit und Jugend, er ist Leonores einziges Kind. Seine Sicht als Heranwachsender auf seine Heimat, seine Mutter und seine enge Freundschaft zu John tragen die Geschichte weiter. Zum Ende des zweiten Abschnitts spitzt sich eine Entwicklung zu, die nach und nach alle Bewohner des Dorfes zu Heimatlosen macht, das Wohngebiet muss einem Braunkohletagebau weichen, Paul und Leonore und alle Nachbarn werden umgesiedelt.
Im letzten Drittel spielen Leonore und Paul weiterhin eine Rolle. Hinzu kommen nun Sarah und Jan, Pauls Kinder. Und diese stehen auf ganz unterschiedlichen Seiten, Sarah als Klimaaktivistin im Baumhaus des bedrohten Waldes, Jan im Bagger des Braunkohlebergwerks. Für beide gibt es nur ihre Seite als die Richtige.
Mir hat "Jahresringe" von Andreas Wagner sehr gefallen. Und zwar, weil es zwar in einer bestimmten Zeit spielt, an einem genau benannten Ort, jedoch könnte es auch an jedem anderen Ort der Welt sein. Um was es in dem Buch geht, Heimatlosigkeit, Entwurzelung und Verlust von Traditionen, das passiert überall auf der Welt. Freundschaft, Familie, Trennung und Verlust sind Themen, die jeden beschäftigen. Finanzielle Sicherheit, Zukunftsängste, Verantwortung tragen, wen treibt das nicht um.
So vieles steht in diesem Buch, auf diesen 260 Seiten, in einer Sprache so einfach und schlicht, aus Worten die nicht weh tun, auch wenn sie Trauriges erzählen. Eine Sprache, die tröstet, die einen verstehen macht, die einen wärmt.
Ich kann nur Gutes sagen, ein wunderbares Romandebüt mit einer - nein vieler wichtiger Botschaften.