Was bedeutet uns Heimat?

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
miltonia 01 Avatar

Von

Mich hat zuallererst das wunderschöne Coverbild einer Maiglöckchenpflanze auf das Buch neugierig gemacht. Und diese Blume taucht dann auch im Verlauf des Buches als Sinnbild für intakte Natur immer wieder auf.

Im ersten Teil des Buches flieht die junge Leonore in den Wirren nach dem 2. Weltkrieg von Pommern bis tief in den Westen der Bundesrepublik, ihre Eltern sind tot und sie steht komplett allein. Sie hat das große Glück, bei dem Moppenbäcker Jean Immerath aufgenommen zu werden, wirklich heimisch wird sie aber in diesem Dorf in der Nähe von Köln nicht, die Einwohner betrachten sie immer als Fremde und sie selbst macht es den Leuten auch nicht unbedingt einfacher, sie zu mögen.

Aber schlussendlich bleibt sie in der Gegend bis zu ihrem Tod, bekommt einen Sohn und Enkel und erlebt, wie sich die gesamte Gegend unwiderruflich verändert. Das liegt am Braunkohletagebau, der jahrhundertealte Dörfer zerstört, die Natur komplett vernichtet, um Energie für unser allgemeines recht komfortables Leben zu gewinnen. Hier wird konkret der Bürgewald vernichtet, dessen kleiner noch bestehender Teil als Hambacher Forst recht bekannt geworden ist.

Und an dieser Frage entzünden sich dann in weiteren Verlauf des Buches die Fragen, auf die wir in unserer Gesellschaft bis heute keine wirklichen Antworten und Lösungen gefunden haben. Wir brauchen die Energie, aber ist es gut, dafür die Wälder und Natur und nicht zuletzt auch menschliche Geschichte zu vernichten? Wenn man die Krater der Tagebaue einmal gesehen hat, weiß man, was das für ein immenser Eingriff ist. Und die uralten Wälder werden auch durch die beste Renaturierung nie wieder entstehen. Andererseits führen auch die Windräder, Stromtrassen und Wasserkraftwerke als Alternativen zu Naturzerstörungen und werden ebenso regional heiß umkämpft.

Und in diesem Dilemma steckt auch Leonores Familie, ein Teil arbeitet für den Tagebaubetreiber, ihre Enkelin wiederum kämpft als Baumbesetzerin im Hambacher Forst um dessen Erhalt. Aber kehrt natürlich trotzdem immer wieder ins vom Tagebau-entlohnte Haus zurück, um mit Kohlestrom ihre Wäsche zu waschen.

Dieser Konflikt wird im Buch sehr deutlich aufgearbeitet, aber der erste Teil hat mir trotzdem besser gefallen, wenn ich auch mit den mystischen Vorgängen im Wald so generell nichts anfangen kann. Der Autor bringt für mich auch zu viele Themen ins Spiel, von den Morden im KZ Buchenwald über Flucht und Vertreibung bis zur aktuellen Klimadebatte ist der Bogen doch recht weit. Deshalb von mir 3 Sterne.