Aus der anderen Perspektive

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lisaliestgern Avatar

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Als Teenager habe ich mit Begeisterung Mark Twains "Tom Sawyer und Huckleberry Finn" gelesen, und ich freute mich darauf, meine alten Bekannten Huck, Jim, Tom und weitere nochmal zu treffen.
Aber Jim ist ja gar nicht der einfältige, naive, ungebildete und ängstliche Typ, wie ihn Mark Twain dargestellt hat. Das wird schon auf den ersten paar Seiten klar. Und auch das Cover zeigt keinen gebeugten, unsicheren Sklaven, sondern einen aufrechten, stolzen Mann.
Die Story folgt Mark Twains Buch: Jim und Huck fliehen auf dem Fluss aus ihrem Dorf, weil Jim als Sklave verkauft werden soll und Huck Angst vor seinem Vater hat. Der weitere Verlauf der Geschichte ist mal näher, mal weiter entfernt von dem Original. Und außerdem ist hier ja nicht Huck, sondern Jim die Hauptperson, und diese erzählt aus eine ganz anderen Perspektive. Eine, die ich so noch nicht kannte. Ich war erschrocken, wie schrecklich brutal das Leben eines Sklaven in den USA vor nicht mal allzu langer Zeit war.
Anfangs war ich genervt von dem Slang, den Jim und die anderen Sklaven benutzen, wenn Weiße zuhören, aber ich gewöhnte mich daran. Gut ist, daß der Übersetzer ein Nachwort dazu schreibt.
Die Abenteuer, die James und Huck unterwegs erleben, sind sehr spannend und aberwitzig. Manche Szenen sind total absurd. Zum Beispiel die mit dem Sklaven, der im Maschinenraum des Dampfschiffs arbeitet. Da wusste ich nicht, ob ich weinen oder lachen soll.
Ein tolles Buch, das meine Erwartungen, nostalgisch in meinen Erinnerungen an meine Kindheitslektüre zu schwelgen, bei weitem übertroffen hat. Mit Jim habe ich so einiges über Sklaverei, Rassismus, Menschenrechte... gelernt.