Ein Meisterwerk

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readtobee Avatar

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“”James” ist ein Meisterwerk”, findet Fatma Aydemir. Dem schließe ich mich an, möchte aber gleich auf die ebenfalls meisterliche Leistung des Übersetzers Nikolas Stingl hinweisen. Dessen Arbeit forderte ein hohes Maß an Sprach- und Fingerspitzengefühl.
Die Jim (James) und den anderen Versklavten von Everett in den Mund gelegte Sprache ist als “Ausprägung des Südstaatenenglisch, die im 19. Jahrhundert von Schwarzen gesprochen wurde und in Grammatik und Aussprache vom Standardenglisch abwich” und die a die Pidgin-Sprache der Versklavten erinnert, sicherlich nicht leicht zu übersetzen. Es hätte lächerlich klingen können. Tut es nicht! und so steht neben der Geschichte der Sklaverei die Kulturtechnik “Sprache” im Mittelpunkt dieses Romans und macht sie zu etwas Besonderem.

Bereits auf der ersten Seite wird klar, dass Jim zwei Sprachen spricht. Er denkt gebildet und spricht, wie es die Weißen von von ihm, dem wilden, dummen Sklaven erwarten:

“Diese weißen Jungs, Huck und Tom, beobachteten mich. Sie spielten immer irgendein Phantasiespiel, in dem ich entweder ein Schurke oder ein Opfer war, auf jeden Fall aber ihr Spielzeug. Sie hüpften da draußen bei den Sandflöhen, Moskitos und anderen stechenden Biestern herum, kamen mir aber kein bisschen näher. Es lohnt sich immer, Weißen zu geben, was sie wollen, deshalb trat ich in den Garten und rief in die Nacht hinaus: »Wersndas da draußnim Dunkeln?«”

Everett erzählt die Geschichte von Huckleberry Finn aus der Perspektive des Sklaven Jim. Als Jim verkauft werden soll, flieht er, weil er davon träumt, zu Geld zu kommen, um seine Frau und seine Tochter freizukaufen. Huckleberry, der aus Angst vor seinem Vater ausreißt, schließt dem Sklaven an. Beider Weg ist eine Flucht, ihr Antrieb der Wunsch nach einem besseren Leben.
Huck und Jim werden konfrontiert mit Gewalt und Tod, sie werden voneinander getrennt und finden sich wieder.
“James” ist Abenteuerroman, Mississippi-“Road”-Trip, Coming of age-Geschichte. Eine Heldenreise, die den Wert des Lesens und Schreibens feiert, die das Bewusstsein um das Unrecht der Sklaverei lebendig hält; spannend, philosophisch, brutal und unterhaltsam.
Ich danke dem Verlag sehr für das Leseexemplar und wünsche “James” viele Leser*innen.