Das Persönliche von Jil Sander fehlt!

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Im Harper Collins Verlag erscheint Maria Wiesner Buch "Jil Sander. Eine Annäherung".

Jil Sander wurde zur bekanntesten Modedesignerin Deutschlands und das in einer Zeit als das Berufsleben der Frauen noch von der Erlaubnis ihrer Ehemänner abhing. Ihre Mode sollte Frauen zu selbstbewusstem Auftreten verhelfen und für einen lässigen, überall tragbaren Look sorgen.

Die klare, puristische Mode Jil Sanders wurde massgeblich geprägt durch minimalistische Entwürfe, gute Qualität der Stoffe, perfekte und zeitlose Schnitte und elegante Tragbarkeit in allen Lebenslagen. Mit Tatkraft, Mut und vor allem dem Geschick im Umgang mit Stoffen und Schnitten arbeitete sich Jil Sander von einer eigenen Boutique bis an die Börse, wo sie 1989 die erste Frau im Vorstand eines Aktienunternehmens in Deutschland wurde.

Jil Sander wurde 1943 in Wesselburen als Heidemarie Jiline Sander geboren. Sie trug als Kind am liebsten Hosen und machte diese Vorliebe auch in ihrer Mode fest.

Dieses Buch hat die Journalistin Maria Wiesner als Annäherung betitelt und beruft sich auf die Fakten und die wenigen Interviews, die Jil Sander jemals gegeben hat. Sie beschreibt die persönlichen Wurzeln Jil Sanders und ihren beruflichen Werdegang, sowie ihren erstaunlichen Aufstieg und großen Erfolg im Modebusiness und zeigt das berufliche Konzept ihrer Mode.

Die vielen Stationen und Standorte der Produktion und Geschäfte lesen sich sehr aufschlussreich und umfassend. Das Privatleben kommt dabei nicht ganz so zur Sprache, dort erfährt man nur wenige Dinge, die sich größtenteils um die Immobilien Jil Sanders und ihre große Kunstsammlung drehen. Es hat mich gewundert, dass die prunkvoll ausgestatteten Häuser irgendwie gar nicht zum zurückgenommenen und schlichten Geschmack Jil Sanders passen. Vielleicht war das aber auch der Geschmack ihrer Lebensgefährtin. Man kann darüber nur mutmaßen.

Der Erzählstil gefällt mir gut, die geschäftlichen Interaktionen werden verständlich und unter Einbeziehung der Meinung von Zeitgenoss:innen Jil Sanders beschrieben und lesbar ausgeschmückt.

Insgesamt kommt mir die Person Jil Sander hier ein wenig zu kurz. Das scheint aber nicht an der Autorin zu liegen, die versucht hat, der Modeikone nahe zu kommen, sondern an den persönlichen Ansichten, Einsichten und Anekdoten, die ich hier von Jil Sander persönlich erwartet hätte.

Eine Biografie, die mich etwas enttäuscht zurücklässt, weil mir die persönliche Note fehlt. Die Modestationen, das Konzept der klassichen Mode und die Expansion der Geschäfte werden hier vor das Persönliche gestellt. Jil Sander hätte gut daran getan, sich hier mehr einzubringen.