Unterhaltsamer Emanzipations- und Theaterroman

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thirteentwoseven Avatar

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Ein Buch, das mir gefällt. Das fern ist von Kitsch, Polemik und Feindbildern. Handwerklich gekonnt, spannend erzählt und mit viel Wiener Theaterluft geschrieben. Gute Unterhaltung, aber nicht mehr.

Es geht um Aufstieg und Leben der Johanna Neuendorff, die am Burgtheater Schauspielerin ist und aus kleinbürgerlichem Milieu stammt. Sie kann viel und sie will viel. Doch in den 50-er und 60-er Jahren ist gesellschaftlicher Aufstieg für Frauen ein Kraftakt und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie von der Erlaubnis des Ehemannes abhängig. Dies belastet auch die Ehe von Johanna und Georg. Der Spagat zwischen Karriere und Familie spitzt sich zu, als die kleine Tochter Lore in Obhut der liebevollen, aber schwachsinnigen Tante Mitzi verschwindet.

Susanne Falk schreibt sehr unterhaltend und zieht viele Register schriftstellerischen Könnens: Vom rasanten Einstieg mit dem wegweisenden Bild des Schneewittchens, welches fast am Apfel der bösen Stiefmutter erstickt wäre, über gekonnte Vor-und Rückblenden, Perspektivwechsel und Wortspiele, die das Ganze verknüpfen, lässt der Text bereits am Anfang eine Geschichte erahnen.

Auch wenn das Buch hätte heißen können "Johanna hat die Hosen an", ist der nebenagierende Ehemann kein begossener Pudel oder Pyjamadespot. Auch seine Position wird klar und verständlich. Und genau das, dass es kein Schwarz und Weiß gibt, gefällt mir sehr gut. Johanna ist nicht die arme unterdrückte Ehefrau, sondern eine Frau, die weiß, was sie will und das stringent und zum Teil rücksichtslos verfolgt. Relativ schlecht kommt allerdings die kleine Lore weg, die als Putto mit fetten Füßchen beschrieben wird. Die typische Glorifizierung des Kindes durch die Mutter fehlt hier. Georg ist bis auf wenige, entscheidende Ausnahmen tolerant und sensibel. Das Ende beinhaltet mehr als nur eine Überraschung. Und da bin ich auch bei einem Kritikpunkt: Am Anfang wusste Susanne Falk wohl nicht, wie der Roman enden sollte und eierte dann etwas rum. Ich erwartete jedenfalls nicht das, was dann passierte und so gab es für mich am Ende eine spannende, aber nicht ganz nachvollziehbare Wende und die betrifft nicht Lore und Tante Mitzi.

Fazit: Ein augenfälliges Cover, ein toller Titel, ein aufrührendes Frauenschicksal, eine Aufstiegs- ,Emanzipations- und Liebesgeschichte, Drama, Theater, ein verschwundenes Kind und ein überraschendes Ende. Gute Unterhaltung, nicht nur für Theater- und Wienfans.