Julius konnte mich leider nicht wirklich packen trotz der schönen Sprache

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petzi_maus Avatar

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Da ich früher gerne Tennis gespielt habe und mich die Zeit des Nationalsozialismus interessiert, habe ich mich schon auf Julius von Bergs Geschichte gefreut.
Leider bekam ich von Letzterem viel zu wenig, obwohl von Beginn an immer wieder Tagebucheinträge aus 1938 von Julius' Gefangenschaft eingeschoben waren.
Doch Anfangs dreht sich alles um Julius Kindheit, der im Gegensatz zu seinen Schwestern ein ruhiger Kerl war, dessen ganzes Leben sich um Tennisspielen dreht. Man bekommt viel Tennis und lernt viel über die Rheinische Geschichte.
Es ist faszinierend über das Leben der Familie zu lesen, die in einer Burg hoch über dem Rhein wohnt, und sogar einen eigenen Tennisplatz besitzt, auf dem die ganze Familie spielt. Und aufgrund des Vermögens kann es sich Julius auch leisten, das Studium abzubrechen und sich voll und ganz auf seine sportliche Karriere zu konzentrieren, für dessen Fairness und "Sportsmanship" er bekannt wurde. Damals gab es für die Turniere noch kein Preisgeld.
Leider konnte ich zu Julius keine richtige Bindung aufbauen, er war für mich nicht so wirklich greifbar.

Mit dem Schreibstil konnte ich anfangs nicht so ganz warm werden, auch wusste ich oft nicht, in welcher Zeit wir uns gerade befinden, da mehrere Jahre zusammengefasst waren, es Zeitsprünge gab und leider keine genaue Kennzeichnung.
Auch die Einschübe aus Sicht des "alten Mannes", der sich im Jahr 1984 auf die Spuren von Julius Leben begibt, kann man erst zum Schluss einordnen.
Erst ab der Hälfte wurde es dann für mich spannender, da hier auch der Schreibstil mitreißender war, die Kapitel kürzer, und man Julius endlich etwas besser kennenlernte, auch über seine Liebesbeziehungen zu (s)einer Frau und einem Mann, und über die NS-Zeit sowie Julius' Widerstand dagegen zu lesen bekam. Julius muss eine für ihn wichtige, aber folgenschwere Entscheidung treffen. "Tennis ist mein Leben. Und Tennis wird mein Tod sein."
Die Sprache im Buch ist sehr umschreibend, mit vielen schönen oder einprägsamen Zitaten. Ich fand auch jenes toll, welches Julius Schicksal beeinflusst hat: "Ich habe keine Lust zu gewinnen, wenn man es von mir verlangt."
Was mich fasziniert hat ist die Tatsache, dass die Geschichte auf einer tatsächlich lebenden Persönlichkeit beruht (Gottfried von Cramm), die Tom Saller mit schriftstellerischer Freiheit in einen fiktiven Roman umgewandelt hat.


Fazit:
Ein Buch, das eher schleppend beginnt, aber mit schöner Sprache und wichtigen Themen wie die Geschichte des Rheins, des Nationalsozialismus und Homosexualität.