Sehr unterschiedliche Frauenfiguren

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meggie3 Avatar

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Hannah findet einen Brief einer Anwaltskanzlei bei ihrer Großmutter, indem von verschollenen Kunstwerken die Rede ist. Ihre Großmutter Evelyn möchte mit dem Brief nichts zu tun haben, hindert ihre Enkelin aber nicht daran, sich der Sache anzunehmen. Hannah selbst kämpft etwas halbherzig mit ihrer Germanistikpromotion und der Frage, inwieweit sie ihre Schwärmerei um ihren Doktorvater noch vor sich selbst rechtfertigen kann und wer sie überhaupt ist und sein will.

Der Roman erzählt in einigen Kapiteln die Geschichte von Senta, Evelyns Mutter, beginnend in den Zwanzigerjahren und die von Evelyns Kindheit und Erwachsenwerden bis in die Kriegsjahre. Die anderen Kapitel spielen in der heutigen Zeit und befassen sich mit Hannahs Leben und ihren Nachforschungen. So werden doch recht viele Themen und Handlungsstränge angerissen, ohne dass ich jedoch das Gefühlt hatte, dass es zu oberflächlich oder aber zu viel wäre.

Der Autorin gelingt es herausragend, die Geschichte von sehr verschiedenen Frauen zu erzählen, die zu unterschiedlichen Zeiten gelebt haben und doch durch den Stammbaum verbunden sind. Der Roman befasst sich mit Schuld und Vergebung, mit Erinnern und Nichterinnern wollen. Dies tut er auf ungezwungene Weise mit einer sprachlichen Leichtigkeit, die einerseits zum Nachdenken anregt und andererseits das Lesen zu einem Vergnügen macht.
Zwischenzeitlich skeptisch war ich im Hinblick auf Hannahs Entwicklung, die schon fast besessen von ihrem Doktorvater ist, sich aber durchaus über die Situation bewusst ist. Ich bin sehr froh, dass der Roman nicht zu kitschig geworden ist, sondern Hannah schlussendlich eine doch realistische und für mich als Leserin nachvollziehbare Entwicklung nimmt.

Die Rolle von Hannahs Mutter wird eher am Rand thematisiert und schien mir auch der eindimensionalste Charakter des Romans zu sein. Alle anderen Charaktere habe ich als sehr detailliert und authentisch beschrieben wahrgenommen.

Insgesamt hat mir dieser Roman sprachlich und von der Geschichte her sehr gut gefallen. Der Titel ist zwar absolut ungewöhnlich, macht aber nach Lesen des Buches Sinn und ist meinem Empfinden nach gut gewählt.