Ungewöhnlicher Titel, wunderbarer Roman

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petris Avatar

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Aufmerksam wurde ich auf das Buch tatsächlich durch sein Cover und den ungewöhnlichen Titel. Ich habe mich auf den ersten Blick in die Farben und die Blumenmotive dieses Buches verliebt. Und dann der Titel, viel zu lange, viel zu sperrig, aber irgendwie poetisch und vor allem geheimnisvoll. Ist er eine Zusammenfassung der Geschichte, klärt sich der Titel im Laufe der Lektüre, bleibt der Zusammenhang offen (was allerdings seltsam wäre), was hat es mit dieser Aufzählung auf sich?
Hannah ist Ende zwanzig und sie hat das Gefühl, dass das Leben ohne sie an ihr vorbei zieht. Sie hat Germanistik studiert, schreibt an ihrer Dissertation, ist in ihren Doktorvater verliebt, hat keine Freunde und besucht regelmäßig ihre Großmutter Evelyn in der exklusiven Seniorenresidenz. Ein schillerndes Leben sieht anders aus, aber wenn man mit 18 die Mutter an Krebs verliert, wenn einem dann, wenn alle feiern und sich eine Zukunft erträumen, der Boden unter den Füßen wegbricht, ist das nicht so einfach mit einem unbeschwerten, leichten Leben.
Evelyn, ihre grummelige Großmutter, die sich bemüht, ihrer Enkelin nicht zu zeigen, wie sehr sie sie mag, findet einerseits, dass es genug ist mit der Zumutung Leben und setzt andererseits alles daran, noch möglichst lange auf der Welt zu weilen. Hannah ist dafür zuständig, sie mit Vitaminen und anderen Elixieren dafür zu versorgen.
Als Hannah bei einem ihrer Besuche einen Brief einer israelischen Anwaltskanzlei findet, wird sie stutzig. Es geht um die Restitution von Raubkunst. Evelyn will nicht darüber sprechen. Und Hannah hat keine Ahnung, was es mit jüdischen Verwandten und geraubten Kunstwerken auf sich haben könnte. Damit beginnt eine spannende Suche, die so einiges in Hannahs Leben in Bewegung bringt.
Spannend, sehr locker und leicht lesbar und dennoch mit viel Tiefgang erzählt die Autorin diese Geschichte. Sie springt zwischen der Gegenwart und den 20er/30er-Jahren, in denen die Geschichte ihren Ursprung hat, hin und her. Man kann dabei immer gut folgen und verliert nie den Faden. Wie nebenbei lässt die Autorin ihre Beobachtungen zu den Missständen der jeweiligen Zeiten, auch zu den Macken der Charaktere einfließen. Sie verurteilt nie, sie stellt nur fest oder zeigt in manchmal sehr unterhaltsamen Episoden auf, was falsch läuft. Ihre Figurenzeichnung ist sehr realistisch, keine der Personen ist schwarz-weiß gezeichnet nur gut oder nur schlecht. Und selbst die Nebenfiguren werden lebendig und mit liebevollen Details ausgeführt, ohne dass das jemals überladen wird.
Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, fand die Themen spannend, mochte, wie die Geschichte erzählt wurde und bin eingetaucht in die Welt von Senta, Evelyn und Hannah.
Was es mit dem Titel nun auf sich hat? Das verrate ich natürlich nicht. Nur so viel: Er macht sehr viel Sinn, es ist keine Zusammenfassung des Romans und er passt ganz wunderbar.