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Ela, aus "Lügen über meine Mutter" ist zurück. Für die inzwischen Frau, die frisch ihre Doktorarbeit abgeben hat, startet eine Odysse. Es beginnt mit Halsschmerzen und Ela verliert nun gänzlich das angeknackste Vertrauen in ihren Körper. Außerdem kann sie es sich gar nicht erlauben, krank zu sein. Sie muss bald ihre Doktorarbeit verteidigen, durch Umstände Japanisch lernen, arbeiten. Über allem schwebt ihre Mutter, wie ein schwarzer Schatten.
Natürlich musste ich "Junge Frau mit Katze" von Daniela Dröscher lesen, nachdem mir der Vorgänger so gut gefallen hat und schon mal vor weg: man kann diesen Roman auch unabhängig lesen oder zu erst. Wie damals bin ich wieder begeistert.
Sprachlich, stilisitisch ist es wieder grandios. Ich liebe Danila Dröschers Art zu schreiben, nahbar, ehrlich, authentisch, komplex, aber gleichzeitig leicht und mit Witz. Das ist auch wieder so, allerdings begrenzt auf Ela, ihren Körper und vor allem auf ihre rätselhaften Krankheiten. Mitunter wurde das herausfordernd.
Ausgesprochen gut gefallen hat mir die Kapitalismus- und Gesellschaftskritik, in die ein kranker Körper einfach nicht reinpasst. Es verdeutlicht, wie wichtig unserer Gesundheit ist und das Vertrauen in diese. Denn Ela hadert sehr, als das Misstrauen in die Medizin, die ihr nicht helfen kann, Überhand nimmt.
Die Mutter spielt augenscheinlich eine untergeordnete Rolle zu spielen, lauert aber immer im Hintergrund, mit ihrem eigenen Verhalten, das auf die Tochter abgefärbt hat und nicht einfach abzulegen ist. Ein wenig schimmert die Studie über Mutter-Tochterbeziehungen durch, allerdings ganz subtil.
Auch die schriftstellerischen Exkurse haben mir super gefallen.
Es ist also anders als "Die Lügen über meine Mutter", Hypohonder sollten es vielleicht mit vorsicht genießen, aber Daniela Dröscher Fans werden auf ihre Kosten kommen.
Nun ist natürlich klar, welches Buch von ihr als nächstes dran ist, nämlich das neu aufgelegte "Der falsche Japaner".