Taffe Agentin in exzellent recherchiertem Geheimdienst-Thriller

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Luzy Morgenroth arbeitet Ende der 80er des vorigen Jahrhunderts mit ihrem einzigen Kollegen Gunnar in der Polizeistation der Insel Amrum. Als sich bereits ein Herbststurm ankündigt, der die Insel vom Festland abzuschneiden droht, verschwindet der einheimische Tamme von seinem Arbeitsplatz auf der Fähre. Selbst wenn man es gewagt findet, dass die Fähre mit „Unterkante Achterdeck“ noch ein letztes Mal übergesetzt hat, fällt auf, dass ein Vermisster, ein geblitzter auswärtiger PKW mit falschem Kennzeichen und zeitgleich eine Gruppe von fünf Fremden auf der Insel kein Zufall sein können. Was kann Tamme beobachtet haben, das er nicht wissen durfte? Die Männer im Schrankformat entlocken Luzy ein Murmeln, das wie „kleines Besteck“ klingt und das sie als Frau mit Vergangenheit zu erkennen gibt.

Nach 8 Jahren auf der Insel und kurz nach ihrem 50. Geburtstag wird Luzy sich in Berlin von Yosef, ihrem früheren Krav-Maga-Trainer zurück in die körperliche und mentale Form ihrer früheren Karriere bringen lassen und es mit ihren Gegnern von damals aufnehmen. Schon einmal hatte sie an einem anderen Schauplatz einen fatalen Fehler begangen, der zahlreiche Tote forderte. Luzy gerät in Berlin mitten in den Fall der Mauer und die Verwerfungen, die das Ende der DDR auslöste. Plötzlich sind große Geldbeträge zu verschieben und Agenten mit exquisiten Spezialkenntnissen wechseln die Seiten.

Andreas Pflüger schreibt im Nachwort, dass er in seinen Thrillern aus den Scherben der Wirklichkeit etwas Neues schafft. In dem er wie in Kintsugi-Reparatur-Technik den Wendejahren einen Handlungsstrang anfügt, entsteht ein präzise recherchierter, komplexer Geheimdienst-Thriller mit zahlreichen Zitaten aus Musik, Literatur und Film. Schauplätze sind Amrum, Berlin, Wiesbaden, Marseille, Wien, eine Wüste. Figuren aus früheren Thrillern erhalten Cameo-Auftritte am Rande.

Fazit
Pflüger glänzt mit umfangreichen Kenntnissen aus der Welt der Geheimdienste und der Sicherheits-Branche. Indem er seine Leser:innen mitten in die Teams und ins Meister-Schülerin-Verhältnis zwischen Luzy und Yosef blicken lässt, zeigt er die verblüffende Entwicklung einer gealterten Agentin und an historischen Schauplätzen den womöglich letzten Auftritt der „Dienste“, die den kalten Krieg prägten.