Archäologische Grabungen in der Familiengeschichte...

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.. so kommt mir das Lesen von Menachem Kaisers Buch vor. Dieser ist inmitten einer großen Familie in Toronto aufgewachsen, seine jüdischen Wurzeln sind nach seinen Angaben eher wässrig ( die Mutter ist keine Jüdin mehr), dennoch interessiert ihn die Geschichte seiner Familie, als er Dokumente des verstorbenen Großvaters findet. Danach soll es ein Haus in Polen, in Sosnowiec, geben, das der Großvater wohl rückfordern wollte. Da das niemand in der Familie wusste, reist er nach Polen, wo er im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeiten eh schon öfter war, um sich vor Ort eine Bild zu machen und diese Rückforderung tatsächlich zu erreichen. Damit tritt er eine Lawine los, denn er benötigt Vollmachten aus seiner Familie, Toterklärungen, Suchanträge , eine Anwältin, die er selbst als "Killerin" bezeichnet und viel Geduld.
Da das Buch bewusst als Sachbuch gehalten ist, möchte der Autor viel erzählen, erklären, sein Wissen ausbreiten. Und das ist groß. Er berichtet in Nebenhandlungen viel von der Geschichte Polens zur Jetztzeit, aber auch von früher, besucht "Riese", ein von Hitler veranlasstes riesiges Stollensystem, die Entdeckung von familiären Seitenzweigen samt deren Geschichte und verlässt mir persönlich zu oft die eigentliche spannende Geschichte.
Letztlich endet er bisher ( die Rückforderung ist noch nicht abgeschlossen) im Sumpf der polnischen Bürokratie, klar, wer will auch hier so alte Geschichten wieder aufleben lassen und alte Wunden aufreißen.
Als Ergebnis seiner umfangreichen Recherchen resümiert er selber, dass es ihm eigentlich um die Geschichte seiner Ahnen dahinter geht. "Es ist eine Art Sehnsucht nach der Sehnsucht. Ich möchte trauern können ". Denn "die Rückforderung war nur eine verzweifelte Reaktion auf den Verlust, und da Haus war bloß ein Symbol". Hier ist es für mich eben kein Sachbuch mehr, letztlich ist es weder ganz Sachbuch noch Roman.
Durch die vielen Seitenstränge, Erklärungen und wörtlichen Darstellungen ( z.B. Gerichtsprotokolle) wird die eigentlich gute und interessante Geschichte auch stark ausgebremst. Eine Kürzung auf Wesentliches hätte dem Buch gutgetan.