Auf Spurensuche

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oberaffengeil Avatar

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Kajzer beschreibt den Versuch des Autors ein altes Mietshaus seines jüdischen Großvaters im polnischen Schlesien, der von den Nazis enteignet wurde und als einziger in seiner Familie den Holocaust überlebt hat, zurückzuerlangen. Der Autor hat seinen Großvater persönlich nicht kennengelernt und begibt sich somit auf Spurensuche nach einem Familienerbe, von dem er nicht so recht weiß, worin es besteht und was er mit ihm anfangen will, sollte er es wiedererlangen.

Kaiser trifft dabei auf allerlei bürokratische und andere Hürden, wie die Weigerung der polnischen Justiz seine Vorfahren für tot zu erklären. Er spricht von sehr besonderen jüdisch-polnischen Geschichte, der Dämonisierung der Juden, die nach dem Krieg wiederkommen und den Polen "ihr" Eigentum wegnehmen wollen, einer Art Täter-Opfer-Umkehr, dem Gefühl sich für seine Rückforderung rechtfertigen zu müssen. "Du hast deine Geschichte, wir haben unsere. Deine Geschichte ist nicht wahrer als unsere".

Auf dieses Buch war ich besonders gespannt, da ich selbst aus Schlesien komme und diese historisch gesehen sehr turbulente Region schon immer faszinierend fand. So habe ich bei der Lektüre nicht nur die Reise Kaisers verfolgt, sondern auch viel über die Geschichte meiner Heimat erfahren. Kaiser schreibt sehr treffend "Schlesien ist zugleich Polen und Nicht-Polen".

Das Buch nimmt manchmal sehr unerwartete Wendungen, Kaiser trifft auf Schatzjäger und Verschwörungstheoretiker, die in Schlesien versuchen, alte Nazischätze zu finden. Zunächst scheint das nichts mit seinem Vorhaben zu tun zu haben. Diese haben jedoch die Tagebücher eines von ihnen fast schon verehrten Juden zum Vorbild, der in acht Konzentrationslagern interniert gewesen war und es geschafft hatte Tagebuch zu führen bis ihm schließlich die Flucht gelang. Der Name des Juden ist Abraham Kajzer, ein Cousin seines Großvaters, wie sich herausstellt.

So erlangt Kaiser am Ende seiner Suche nach dem Familienerbe vielleicht kein Haus, aber das Wissen um entfernte Familienmitglieder, von denen er sonst nie erfahren hätte.

Ich kann mir schon vorstellen, dass das Buch für viele zu ergebnis- und ereignislos ist, ich fand die Beschäftigung eines Menschen mit seinen Wurzeln, auch wenn ich zuvor noch nie von diesem Menschen gehört hatte, jedoch sehr spannend und augenöffnend.