Bedingt empfehlenswert

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rflieder Avatar

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Ich war nach den Vorinformationen mit etwas anderen Erwartungen an das Buch herangegangen und weiß eigentlich nicht, ob ich es empfehlen soll oder nicht. Es wird als "Sachbuch" bezeichnet, ist aber teilweise eine Sammlung von Erzählungen, nur sicher kein Roman.
Der Autor Menachim Kaiser, in einer orthodoxen jüdischen Großfamilie in Kanada aufgewachsen, sucht im ehemaligen Schlesien nach den Spuren seiner Familie. Sein dort geborener Großvater, der schon vor der Geburt Kaisers verstorben ist und zu dem er keine Beziehung hat, war der Einzige seiner Familie, der den Holocaust überlebte. In weiten Teilen des Buchs geht es darum, dass der Autor mithilfe einer polnischen Anwältin versucht, das ehemalige Mehrfamilienhaus seines Großvaters nach über 60 Jahren zurückzuerhalten. Die Abläufe in der möglicherweise von der PIS beeinflussten Justiz, seine Bedenken, ob sein Ansinnen fair gegenüber den aktuellen Bewohnern ist, zumal er keine finanziellen Interessen hat, und die Lebensverhältnisse der Bewohner sind empathisch und humorvoll beschrieben.
Dagegen sind die Ausführungen über polnische "Forscher", eigentlich Abenteurer auf der Suche nach von den Nazis in riesigen von KZ-Häftlingen erbauten Höhlensystemen skurril und sprechen mich überhaupt nicht an. Immerhin erfährt Kaiser bei ihnen von der Existenz eines weiteren den Holocaust Überlebenden aus seiner Familie, einem Bruder seines Großvaters. Diesem natürlich schon lange ebenfalls verstorbenen Großonkel vermag er sich mehr anzunähern als seinem Großvater, da er wesentlich mehr Spuren hinterlassen hat.

Immer wieder abwägende Überlegungen z.B. über den Wahrheitsgehalt der über seine Familie erhaltenen Informationen finde ich zwar interessant und regen zum Nachdenken an, sind aber intellektuell durchaus anspruchsvoll und erfordern wegen der langen Schachtelsätze hohe Konzentration beim Lesen. Kein einfaches Buch.