Was von Menachems Erbe übrig blieb

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adelheid von buch Avatar

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Der jüdische Autor wurde 1985 in Toronto geboren. Das ist sowohl räumlich als auch zeitlich sehr weit weg vom Unheil, das an den Juden Europas im Zweiten Weltkrieg verübt wurde. Das weit verbreitete Schweigen hat die emigrierten Familien oft abgetrennt von dieser Vergangenheit. Dennoch kommt der Autor mit ihr in Kontakt, als er vom vergeblichen Bemühen seines bereits vor seiner Geburt verstorbenen Großvaters erfährt, eine Entschädigung für das enteignete Wohnhaus der Familie im ehemaligen Schlesien zu erhalten. Er erforscht die Hintergründe, erkundet die jetzige Lage dort und bemüht sich um die Rückübertragung des Gebäudes. Während sich der juristische Prozess in Polen über mehrere Jahre hinzieht, sieht sich Menachem Kaiser im Lande um. Er findet neue Spuren seiner Familie. Auch trifft er auf viele interessante Menschen, die mit den Erinnerungen und Überlieferungen an den 2. Weltkrieg sehr unterschiedlich umgehen. Er nennt diese Sichtweisen Narrative. Menachem wägt diese Narrative gegeneinander ab, lässt sie alle gelten, ohne sich unbedingt eines davon zu eigen zu machen. Er zeigt, dass es keine absolute Wahrheit gibt und dass es zuweilen sogar richtig sein kann, falsche Dinge zu glauben. „Was machen wir mit dem Unwissbaren? Was können wir tun, außer es anzunehmen?“
Mich hat der Verlauf dieser Geschichte sehr beeindruckt. Es hat mir sehr gefallen, wie Menachem Kaiser die Dinge von allen möglichen Seiten betrachtet. Es werden auch jede Menge Fragen aufgeworfen. Dieser besondere Blickwinkel auf den Zweiten Weltkrieg führt zur Annahme der Gegenwart, wo sich die Dinge weiterentwickelt haben und sich ein neuer Kontext gebildet hat.
„Kaiser“ ist eine sehr spannende Lektüre. Es ist mein persönliches Buch des Jahres.