Kalte Wasser

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
rauscheengelsche Avatar

Von

Kurz nach der Geburt ihrer Zwillinge hat Lauren Tranter ein seltsames Erlebnis im Krankenhaus: eine Frau kommt in ihr Zimmer und versucht ihr einen Deal vorzuschlagen: die Zwillinge gegen ihre eignen austauschen. Weder die Krankenschwestern noch sonst jemand hat die Frau hereinkommen oder gehen gesehen, weshalb man Laurens Bericht als Halluzination einer erschöpften Mutter verbucht. Nachdem sie wieder zu Hause ist, gestaltet sich das Leben mit Morgan und Riley hart für Lauren, ihr Mann stürzt sich in die Arbeit und lässt sie mit den Zwillingen allein, die rund um die Uhr schreien und gefüttert werden wollen. Lauren fühlt sich völlig erschöpft und kommt kaum mehr aus dem Bett. Als sie sich nach Wochen zum ersten Mal vor die Tür wagt, um Freunde im Park zu treffen, geschieht der Worst Case: ihre Babys werden entführt. Glücklicherweise findet man sie recht rasch wieder, doch Lauren weiß: diese Kinder sind definitiv nicht ihre geliebten Zwillinge, die bösartige Frau muss sie vertauscht haben.

Melanie Goldings Thriller spielt mit dem schlimmsten, das einer Mutter geschehen kann: die Entführung ihrer Kinder. Dabei gelingt es ihr gut die Protagonistin so anzulegen, dass beim Leser immer auch Zweifel an Laurens Aussage bleiben: ist sie das bemitleidenswerte Opfer, dem niemand glaubt oder bildet sie sich durch die Erschöpfung durch Geburt und erste Zeit allein mit der neuen Situation nur ein?

Die Kombination von dunklen alten Sagen und der Möglichkeit von Halluzinationen bzw. ernstzunehmender psychischer Erkrankung hat mir gut gefallen. Man weiß, dass Märchen nicht wahr sind und deren Magie nur der Imagination zuzuschreiben ist. Nichtsdestotrotz faszinieren sie die Menschen schon seit Jahrtausenden und trotz besseren Wissens wünscht man sich bisweilen, dass derartige Begebenheiten sich wirklich zutragen könnten. Daneben auch die dunkle Tradition der Angst einflößenden Geschichten, die den süßen Schauer auch bei Erwachsenen auslösen. Man fragt sich, weshalb auch diese die Generationen überdauern, obwohl sie kaum auszuhalten sind. „Kalte Wasser“ greift auf diese Tradition zurück und lässt aber einige Fragen am Ende offen, so dass man mit einer gewissen Verunsicherung zurückbleibt.