Aus der Rubrik: Bücher, die keinen Spaß machen

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sendorra Avatar

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Oh man! Gut eine Woche ist vergangen, seit ich die letzte Seite der Kampfsterne umgeblättert habe. Eine Woche, in der ich immer wieder zu dem Gelesenen zurückkehrte. Eine Woche, in der mir die verkorksten Charaktere nicht aus dem Kopf gingen. Eine Woche, in der ich ständig über Handlungen nachgrübelte, über deren Folgen, über die Sehnsüchte der Protagonisten und ihre Unfähigkeit, sie auszuleben ...oder auch nur zu kommunizieren. Kampfsterne gehört zu den Büchern, die mich nicht loslassen. Das macht wohl ein gutes Buch auch. Auch wenn es sich nicht gut anfühlt.
Alexa Hennig von Lange schuf mit Kampfsterne ein zeitloses, menschliches Drama, das mir sehr nahe ging. Die Paare Ulla und Rainer, Rita und Georg, Ella und Bernhard leben Mitte der 1980er-Jahre mit ihren Kindern in einer Siedlung am Rande der Stadt. In einer Brutkolonie, wie es sie auch heute noch zahlreich in den Speckgürteln rund um Hamburg, Frankfurt oder Köln gibt. Wo die Besserverdienenden hinziehen, damit ihre Kinder im Garten spielen können. Die drei Paare wollen das Beste für ihre Kinder. Und für sich. Doch das Leben hinter der gepflegten Vorstadtfassade schimmelt marode vor sich hin. Die Eltern zerfressen von Ängsten und unerfüllten Hoffnungen, unterdrückten Sehnsüchten und dauergelebten Enttäuschungen; die Kinder übervorteilt, überfordert, verzärtelt oder vernachlässigt, oder alles.
Hennig von Lange wechselt die Erzählperspektive in jedem Kapitel. Eben noch erzählt Rita verbittert von ihren Sehnsüchten und enttäuschten Ambitionen; dann gibt uns das kleine Lexchen die Hoffnung auf die nächste Generation zurück, die dann von ihrer Schwester Constanze umgehend wieder erstickt wird. Alle kommen sie zu Wort; alles kommt ans Licht. In kurzen Sätzen, die nichts verbergen. Die umhauen. Das ist nicht schön. Das macht keinen Spaß. Aber es geht unter die Haut. Ich lachte; ich weinte; und manches Mal konnte ich nur den Kopf schütteln. Besonders die Sprachlosigkeit der Menschen, machte mich rasend. Dieses Unvermögen miteinander zu reden. Die meisten Charaktere hätte ich am Schluss am liebsten geohrfeigt. Und zwar kräftig!
Die Figuren dieser Tragödie sind Stereotypen. Doch das macht sie nicht weniger glaubwürdig. Und letztendlich lassen wir uns doch alle in Schubladen sortieren. Ich erkannte mich durchaus in den Charakteren wieder. Fühlte mich hier und da erwischt. Auch das war nicht unbedingt angenehm.,,
Ich habe zwei kleine Kinder. Dennoch las „Kampfsterne“ in wenigen Tagen durch. Wer Kinder hat weiß, dass es eigentlich kein größeres Lob geben kann.