Gewöhnungsbedürftig brutal

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lightdancer Avatar

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Schon mein Leseeindruck war nicht ganz so, wie ich es von "üblichen" Romanen dieses Genres gewöhnt bin. Dennoch hat es Lust auf mehr gemacht und war erstaunt, daß ich so kurz nach meiner Registrierung auch tatsächlich für dieses Buch ausgelost worden bin - und nun soll ich eine Rezension verfassen, was mir nicht ganz einfach fällt.

Wer sich mit Romanen von Mary Higgins-Clark oder Joy Fielding auskennt (so wie ich!), wird hier brutal in eine andere Dimension gestossen. Zumal auch Kapstadt und der gesamte südafrikanische Bereich für mich schon eine völlig fremde Welt darstellt. Roger Smith schreibt in schonungsloser Offenheit und mit einer Brutalität, die gewöhnungsbedürftig ist. Allein schon die Ausdrucksweise - sie mag durchaus identisch sein, wie die in der realistischen Kriminalität - ist nicht unbedingt das meine. Es folgen Schlag auf Schlag die Ereignisse, die einen in eine Strudel ziehen, der den Leser dennoch nicht mehr einfach losläßt. Einerseits tat mir Jack Burn leid, andererseits verstand ich irgendwie nicht ganz, daß er sich immer weiter in die Ereignisse ziehen ließ. Oh... ich will damit nicht sagen, daß mir sein Standpunkt nicht logisch erschien - wer auf der Flucht ist, kann sich nicht so einfach der Polizei mitteilen, daß der Sohn entführt wurde. Aber dennoch ließ er sich in meinen Augen zu einfach in die Sache verwickeln und zu schnell gab er letztendlich seine Familie auf. Man sagt, wer wirklich aufrichtig liebt, kann auch gehen lassen. Doch war es nicht Eigennutz von Jack, der ihn immer weiter zur Flucht trieb? Jack Burns Ende allerdings fand ich unnötig...

Auch über alle anderen erfährt man am Schluß recht wenig. Wie geht es mit Benny Mongrels weiter? Wie mit Carmen Fortune, wie mit Susan und ihren Kindern Matt und Lucy?
Manche Details wie die Ermordung von Mrs. Dollie waren vermutlich ein "notwendiges Übel", überstrapazierte aber mein Lesevergnügen, weil die Geschichte immer weiter mit Leichen gepflastert wurde. Ich hab sie nicht gezählt, die Leichen, aber wenige waren es nicht. Geht es in Kapstadt wirklich so brutal zu? Ist dort Mord, Entführung, Erpressung tatsächlich an der Tagesordnung? Korruption gibt es überall, aber wie mir schien in Kapstadt ganz besonders. Normalerweise löst ein guter Roman in mir das Gefühl aus, diese Gegend doch einmal in meinem Leben zu sehen, "live zu erleben", wie man so schön sagt. Doch nach diesem Roman habe ich eher das Gefühl, genau diese - sonst so als wunderschöne Idylle dargestellte Stadt - zu vermeiden.

 

Fazit:
Wer auf brutale Krimis steht, kommt hier voll auf seine Kosten. Für mich ist es jedenfalls kein Buch, welches ich ein zweites Mal zur Hand nehmen würde.