Kapital

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elohym78 Avatar

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Ich war schon angenehm überrascht von der Leseprobe. Titel und Inhalt deuteten eher auf einen trockenen Finanzschmöker hin, aber dieser Eindruck täuscht bei weitem und so hat mich das Gesamtwerk sehr erfreut!

Auf der einen Seite wird Petunia Howe, eine Rentnerin und Bewohnerin der ersten Stunde der Pepys Road vorgestellt. Sie lebt schon seit Ewigkeiten in ihrem Haus; zufrieden mit sich und ihrem Leben. Auf der anderen Seite steht der Banker Roger Yount. Er selbst sieht sich als Durchschnittsbürger, hat aber irgendwie die Perspektiven aus den Augen verloren. Immer höhere Boni, ein noch größeres Haus, Statussymbole wohin man blickt. Roger und seine Frau sind dekadent und merken es nicht einmal.

Das Cover ist ein wahrer Blickfang! Es zeigt eine Stadt, die kreisförmig angelegt ist auf die man aus der Vogelperspektive darauf schaut. Die Häuser sind liebevoll in einer Bleistiftzeichnung gestaltet und alle einzigartig. Ich finde es sehr ungewöhnlich für den Titel gewählt, aber zusammen mit dem Inhalt des Buches passt es sehr hervorragend!

John Lanchester ist ein guter Beobachter. Sein Schreibstil ist sehr lebhaft und die Charaktere sind überzeugend gezeichnet. Zudem fällt der Roman in ein Genre, das ich besonders mag: Geschichten über Figuren, die wie zufällig miteinander verbunden sind. In diesem Fall leben oder arbeiten sie alle in der gleichen Straße, der Petunia Howe, in London zwischen Dezember 2007 und November 2008. Mit 682 Seiten ist Kapital eher ein Schmöker, dennoch spannend von der ersten bis zur letzten Zeile.

Auch die angesprochenen Themen sind sehr vielfältig: Eigentum, Geld und Gier, Arbeiter, die obere Mittelschicht und Einwanderer, Sport, Kunst und Karriere, Liebe und Glück, aber auch Jobverlust, Gefängnis, Trennung und Tod. Schließlich wird sogar das Rätsel um die merkwürdige Nachricht „Wir wollen, was ihr habt.“ gelöst. Gerade diese Vielfältigkeit hat mich an diesem Buch sehr angesprochen und ich las neugierig von einer Seite zur nächsten. Besonders bewegend fand ich die die Auswirkungen der Finanzkrise auf einzelne Menschen. Finanzkrise ist sonst eher ein Wort, welches ich nur aus den Nachrichten kenne, was mich nicht betrifft, aber jetzt rückt es doch wieder in den Fokus.

Mein Fazit
Kapital ist ein typisch englischer, humorvoller Roman, der mich tief bewegt hat. Ein sehr lesenswertes Buch!