Mord im Kaiserreich

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mammutkeks Avatar

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Fast gleichzeitig mit dem Erstling "Dreikönigsmord" wurde auch der zweite Band der Zeitreise-Krimis von Bea Rauenthal, "Karfreitagsmord", veröffentlicht. Wieder gelangen Jo Weber und Lutz Jäger völlig ohne Vorwarnung in eine andere Zeit - diesmal ins Jahr 1898, also ins deutsche Kaiserreich. Jo ist diesmal in der Rolle der 18jährigen Josepha von Kästnitz, Lutz Jäger sogar Polizist. Beide ermitteln im Mordfall an einer jungen Angestellten - und bemerken durch viel Fleißarbeit, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt, sondern dass sie einen Serienmörder zu suchen haben.
Dabei behindern typisch preußische Eigenschaften wie Gehorsam, patriarchalische Strukturen und allein die Tatsache, dass Jo zum einen noch nicht volljährig, zum anderen eine Frau mit einer Gehbehinderung ist, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Jo schleicht sich also nachts aus dem Haus - in der Verkleidung eines Jungen.
Aber auch Sütterlin, die damals übliche Schrift, der Mangel an Technik - so ist das Telefon zwar erfunden, aber noch längst nicht überall etabliert -, das Fehlen von Autos und die Notwendigkeit, auf Kutschen und Pferde zurückzugreifen, machen die Ermittlungen für die Kommissare mehr als schwierig.
Ebenso wie im "Dreikönigsmord" macht sich aber auch in diesem zweiten Band die Fußballleidenschaft Lutz Jägers bezahlt. Die "elf Freunde" helfen bei den Ermittlungen, die Schilderungen der noch verbotenen Sportart sind ganz gut gelungen.
Auch "knistert" es weiter zwischen Jo und Lutz - wenngleich gewisse Eifersüchteleien ihnen das Leben in dieser Hinsicht schwer machen. Nicht zuletzt die Klassenschranken würden eine Beziehung zwischen der Komtesse Jo und dem einfachen Polizisten Lutz eigentlich unmöglich machen.
Ganz logisch ist auch nicht, wie Josepha es schafft, ihrer Großmutter und dem Onkel, in deren Haus sie sich befindet, immer wieder zu entwischen. Und wie die Protagonisten fast ohne Schlaf auskommen können, ist auch nicht ganz logisch.
Insgesamt ist aber auch dieser Zeitreise-Krimi ein ganz interessantes Stück Literatur, mit vielen Themen, die für diese Zeit wichtig waren. Militarismus, Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit sind prägend für das Kaiserreich - aber auch die Bewegungen von Frauenrechtlerinnen, SozialistInnen und Co. dagegen.
Ein spannender Roman, mit sympathischen Protagonisten, mit interessanten Themen.