Sauerland-Krimi mit herrlichen Charakteren

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Anne Kirsch ist gerade nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Ihr Freund eröffnet ihr, dass er sie für seine jüngere Geliebte, die natürlich noch dazu schwanger ist, verlässt, statt, wie geplant, mit ihr in den Traumurlaub zu starten und ihr einen Antrag zu machen. Noch dazu verstaucht sie sich beim Joggen den Fuß und landet deshalb bei ihrer anstrengenden Mutter. Kein Wunder, dass sie sich über alle Anweisungen hinwegsetzt und direkt ins Sauerland aufbricht, als in Bontkirchen Jürgen Gruber erschossen wird. Anne erinnert sich an die Pilzvergiftung der Rentnerin Luise Steinmetz und daran, dass nicht jeder an einen Unfall glaubte. Sieht nur sie eine Verbindung der beiden Fälle? Kurzentschlossen macht sie sich auf eigene Faust an die Ermittlungen und bringt sich dabei schnell in große Gefahr.

Dieser Krimi liest sich weitgehend sehr unaufgeregt, aber dafür umso realistischer. Nicht immer gibt es die großen Verfolgungsjagden und aufsehenerregende Szenen. Das Leben ist da doch meist subtiler und leiser. Genau das hat Mareike Albracht wunderbar eingefangen, ohne dabei langweilig zu werden. Es menschelt ungemein, man kann stellenweise tüchtig schmunzeln, aber man öffnet auch das Herz. Schnell merkt man, dass man die Figuren mag und sich eine Krimi-Reihe mit ihnen sehr gut vorstellen kann, sogar wünscht. Alle haben Potenzial, sich zu entwickeln, alle sind „menschlich“ und realitätsnah. Man hat nicht das Gefühl, dass man sehr weit entfernt ist, sondern allen täglich begegnen könnte. Das macht das Lesen sehr angenehm, leicht und locker.

Es macht Spaß, Anne zu begleiten und mit ihr ein wenig herumzuschnüffeln. Auch das Privatleben – sowohl von ihr, als auch den anderen Figuren – ist weder zu stark ausgebreitet, noch zu knapp bemessen. Man lernt alle Figuren so gut kennen, wie es passt und Spaß macht. Das Setting ist „heimelig“, die verknüpften Themen nicht ausgelutscht und vor allem auf ganz eigene Art umgesetzt. Das gefällt mir richtig gut und wer eine gut gemachte Lektüre mit nicht allzu hoch angesiedelter Spannung sucht, der liegt hier absolut richtig. Damit will ich nicht sagen, dass das Buch langweilig wäre! Mir gefällt ja gerade eben so gut, dass der Puls nicht ständig am obersten Limit schlägt und man sich selbst beim Lesen entspannen kann. Das ist gerade in stressigen Zeiten genau das, was ich mir von einem Buch wünsche.

Dieser erste Band macht definitiv Lust auf mehr. Er ist nicht perfekt, aber ein perfekter Einstieg. Ich mag die Autorin, ihren Stil und ihre Figuren – vier Sterne!