Achtsamkeit öffnet eine Tür zu dir selbst

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claudi-1963 Avatar

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"Man sollte sich bemühen, auf jeden Brief, auch den geringsten, eine besondere Sorgfalt zu verwende." (Joseph Stanislaus Zauper)
Postbote Walter ist nicht gerade beliebt bei seinen Kollegen und Vorgesetzten. Wegen eines schwerwiegenden Vorfalls wird der 60-jährige Walter deshalb in die Christkindfiliale nach Engelskirchen verbannt. Nicht gerade eine Beschäftigung, die sich Walter für die Zeit vor seinem Ruhestand erwünscht hat. Besonders als er entdeckt, was sich die Kinder heutzutage alles vom Christkind wünschen. Allerdings entdeckt er eines Tages einen Brief an den lieben Gott. Der 10-jährige Ben fragt darin Gott, wie man einen Klempner ruft. Nach und nach entwickelt sich zwischen den beiden ein reger Brief und E-Mail Austausch, in dem er immer mehr über Ben erfährt. Nicht nur, dass der Junge keine Freunde hat, scheint seine Mutter depressiv zu sein und sich viel zu wenig um ihn zu kümmern. Dabei wird Walter an seine Familie und Probleme der eigenen Vergangenheit erinnert. Ob Walter Ben helfen kann und Ben vielleicht sogar ihm?

Meine Meinung:
Speziell der Klappentext hat es mir angetan und mich neugierig auf dieses Buch gemacht. Kannte ich den Autor ja schon von einem anderen Buch, welches mir gut gefallen hat. Dass mich allerdings dieses Buch zum Schmunzeln und am Ende sogar immens zu Tränen rührt, hatte ich nicht erwartet. Die Geschichte handelt vorwiegend in der Gegenwart, doch wir tauchen außerdem immer wieder in Walters Vergangenheit ein. Dadurch erfahre ich, weshalb Walter sich immer mehr vom netten Menschen zum Eigenbrötler und Fiesling entwickelt hat. Dies sind im Besonderen die Szenen, die mich am meisten berühren, genauso wie der Briefkontakt mit Ben. Im Grunde spüre ich schon recht schnell, dass Walter eigentlich ein gutes Herz hat und er sich in Bens Erzählungen ein wenig wiedererkennt. Kurzerhand schlüpft er in die Rolle Gottes und möchte so Bens Leben verbessern. Doch kann er das wirklich? Was maßt er sich an, Gott zu sein und das Leben eines Kindes in die Hand zu nehmen, wo er doch sein eigenes nicht im Griff hat? Wie schon bei seinem Buch "Fräulein Hedy träumt vom Fliegen" hat mich auch die warmherzige, teils traurige Geschichte von Walter extrem berührt. Kein Wunder, weshalb Andreas Izquierdo zu den Bestsellerautoren gehört. Weil seine Geschichten berühren, er Schicksale aufzeigt und uns das Alltägliche widerspiegelt, das jederzeit uns ebenso passieren kann. Ich hätte am liebsten Ben selbst geholfen oder Walter am Ende in den Arm genommen, so berührt hat mich dieser Plot. Besonders hervorzuheben sind die tollen Charaktere, der betroffene, eingeschüchterte Ben, der keine Freunde hat und so feinfühlig ist. Dagegen der einsame Walter, der oft nörglerisch, nervig und dickköpfig ist und derweil genauso warmherzig, mitfühlend und liebevoll erscheint. Zudem zeigt uns Walters Geschichte, wie schnell Menschen und sogar die eigene Familie einen nur durch Hörensagen verurteilen, obwohl man unschuldig ist. Gut nur, wenn dann ein kleiner Junge einem vertraut, glaubt und einen anders einschätzt. Für mich ist dieses Buch ein Highlight, welches ich gerne weiterempfehlen und 5 von 5 Sterne gebe.