Verzwickter 2. Fall für Jane Bennett

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marionhh Avatar

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Ermittlerin Jane Bennett hat nicht nur eine Menge Arbeit auf dem Tisch, sie muss sich außerdem mit ihrem seit dem letzten Fall mürrischen und in sich gekehrten Vorgesetzen Mike auseinandersetzen und möchte eigentlich auch viel mehr Zeit mit ihrem autistischen Sohn Peter verbringen. Dann erhält sie auch noch einen Anruf von ihrer Freundin Sue, dass ihr Mann Mark verschwunden sei. Jane klemmt sich sofort dahinter, und bei der Suche nach ihm stoßen sie und ihr Team auf einen Hohlraum unter der Erde, ein unterirdisches Grab, in dem sich die Leiche einer jungen Frau befindet. Bei ihren Ermittlungen stößt Jane auf einen Verdächtigen aus einem alten Fall, den Mark bearbeitet hat, den er aber bis zu seiner Pensionierung nicht gelöst hat, da er den Verdächtigen nicht hat überführen können. Stehen diese Fälle und sein Verschwinden etwa in direktem Zusammenhang? Zentimeterweise gräbt sich Jane durch alte Akten und jede Menge Dreck…

Der zweite Fall für die Londoner Ermittler Jane Bennett und Mike Lockyer. Sehr gut geschrieben, liest sich der Krimi gut und flüssig herunter, der Fall ist spannend und in sich abgeschlossen. Es gibt jedoch sehr viele Bezüge zum ersten Band, die Spannungen zwischen Jane und ihrem Vorgesetzten resultieren aus dem vorangegangenen Fall, und es ist sicherlich für den Leser von Vorteil, wenn er den Vorgänger gelesen hat, da diesem Thema viel Raum gegeben wird. Man kann der Geschichte aber auch so folgen, und der Fall selbst ist sehr spannend und verzwickt. Bis hin zum doch recht überraschenden Ende wird der Leser systematisch auf die falsche Spur geführt, und man lebt durchaus mit der Ermittlerin und Hauptfigur Jane mit, die sogar selbst in Lebensgefahr gerät.

Über einen Zeitraum von drei Wochen versucht Polizistin Jane Licht ins Dunkle zu bringen und tappt dabei doch selbst bis zum Schluss im Dunklen. Erschwert wird ihr die Arbeit durch berufliche und private Konflikte und den Druck, der daraus resultiert, außerdem thematisiert werden die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und ihre Selbstzweifel. Jane selbst ist ein durchaus sympathischer, aber in meinen Augen auch zwiespältiger Charakter, einerseits sehr ehrgeizig und gut in ihrem Job, andererseits in ihrer Führungsposition in meinen Augen total überfordert. Ohne ihren Vorgesetzten (und ehemaligen Liebhaber) Mike wirkt sie unsicher und kann kaum eine klare Entscheidung treffen, und war sie ehemals die Vorzeigepolizistin, so wird sie nun beinahe täglich ins Büro des Oberbosses zitiert und gerüffelt. Im Falle des verschwundenen Mike, mit dessen Frau sie befreundet ist, ist sie emotional sehr stark betroffen und auch sonst ist sie sehr angespannt. Ein immer wiederkehrendes Motiv ist sowohl der Konflikt mit Mike als auch ihre familiäre Situation, nämlich dass sie von den Belangen ihrer Familie aufgrund ihrer Arbeit gar nichts mitbekommt. Phasenweise fand ich, dass diesem Aspekt zu viel Platz eingeräumt wird, es wurde so ausgebreitet, dass der Fall selbst in den Hintergrund geriet und ich „zurücklesen“ musste, wie eigentlich der Ermittlungsstand war. Außerdem war mir Jane zwar sympathisch, aber für eine angeblich so tolle Polizistin eindeutig zu emotional und wenig analytisch. Sie versteift sich erst auf einen Verdächtigen, dann auf einen anderen und wieder den nächsten, und die Auflösung erweist sich mehr oder minder als Zufall. Das Ganze nimmt dann wieder mehr Fahrt auf, als Mike mehr in die Ermittlungen eingreift. Als Team funktionieren die beiden hervorragend und können sich aufeinander verlassen. Die Lösung ist dann natürlich für den Leser sehr überraschend, es gibt aber auch in der Geschichte keinerlei nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür.

Die Autorin versteht es, ihre Charaktere anschaulich zu beschreiben und auch die Spannung hochzuhalten. Der Fall ist verzwickt und es gibt sukzessive neue Erkenntnisse und Wendungen. Besonders spannend und gruselig fand ich die Einschübe aus Opfersicht, sehr eindringlich werden hier die Gefühle und Ängste und auch der beginnende Wahnsinn beschrieben. Interessant fand ich auch den psychologischen Aspekt und die Vorstellung eines wissenschaftlichen Experiments.

Fazit: Spannender Thriller mit einigen Längen im Mittelteil, sehr gut zu lesen und größtenteils sehr fesselnd. Für Leser des ersten Teils ein Muss, Einsteiger müssen sich ein bisschen konzentrierter einlesen. Alles in allem ein solider Krimi mit sympathischen Ermittlern und überraschendem Ende.