Gnadenlos hölzern

Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
quatschpanda Avatar

Von

Also gut, fangen wir mal bei den Äußerlichkeiten an. Das Coverdesign gefällt mir wirklich gut, jedoch hat es eigentlich keinen Bezug zum Buch selbst. Hätte man das Küchenmesser durch ein Skalpell ersetzt, wären wir der Sache schon viel näher gekommen, schließlich geht es um einen im Zuge einer Forschung mordenden Arzt, aber dazu später.

Der Titel "Keine Gnade" wirkt genauso klischeehaft für Thriller wie auch der Rückentext, dessen Aufhänger "Er spielt Gott, aber er ist der Teufel" lautet, haben auch eigentlich nichts mit dem Inhalt zu tun, sondern wirken so, als wären sie nur gewählt worden, um Thrillerfans zu gefallen. Der englische Originaltitel "Resuscitation", zu deutsch _Wiederbelebung_, scheint den Nagel schon eher auf den Kopf zu treffen. Schade, dass sich hier wohl nur wenig Gedanken über die wirkliche Aussage des Buches gemacht wurden...

 

**Zum Inhalt:**

Es handelt sich hier um den zweiten Teil aus der Buchreihe rund um die Detectives Samantha Rizzo und Alberto Diaz, die ein Liebespaar geworden sind, nachdem Rizzo beinahe von dem Serienmörder Simon gekreuzigt wurde (dazu mehr in Annechinos erstem Buch, "Leise stirbst du nie", was ich allerdings nicht gelesen habe und auch nicht als Voraussetzung für das Verstehen des hier rezensierten Buches ansehe). Als erneut ein Serienmörder in San Diego auftaucht, entschließt sich Rizzo, sich wieder von ihrem Studium abzuwenden und zurück zur Polizei zu gehen. Besagter Serienmörder, Julian, ist Kardiologe und beginnt nach Erhalt eines Briefes, der eine Ablehnung von finanziellen Mittel für seine Forschung enthält, sich gesunde Opfer zu suchen, an denen er in seinem Loft Operationen durchführen und so seine medizinische These verifizieren und Herzoperationen revolutionieren kann. Und so flirtet der 42-Jährige ein bisschen, was er ja sooo lange nicht mehr gemacht hat, und schwupps - erklärt sich eine junge Dame bereit, mit ihm nach Hause zu kommen. Und dann wird sie unter Drogen gesetzt, gefesselt und schon kann die OP am offenen Herzen beginnen. Sein Credo: "Das Wohl der Allgemeinheit geht über das Wohl des Einzelnen". Das nächste Opfer folgt zugleich...

 

Ich muss dazu sagen, dass ich schon die Leseprobe des Buches alles andere als gut fand, und so habe ich mich ein bisschen durch das Buch gequält. Die Idee dahinter ist nicht schlecht, die Ausführung dagegen ist mehr als flach. Die Dialoge wirken sehr gestelzt und die Handlung ist sehr vorausschaubar; sobald mal auf 10 Seiten nichts wirklich neues mehr kam, gibt es plötzlich hier einen Herzinfarkt, da einen Autounfall, und so weiter und so fort. An keiner Stelle kam mir ein Gedanke à la "Oh, damit hätte ich jetzt wirklich nicht gerechnet!". Außerdem sehr enttäuschend finde ich die pseudo-psychologischen Analysen von Julian. Der Autor hatte scheinbar Spaß daran, jedoch wirken die Ausführungen über Julians Charakter sehr unauthentisch; so, wie er geschildert ist, funktioniert keine Psyche. Das ist wirklich schade, denn die Killer sind für mich immer das Interessanteste. Doch auch hier wirkt es nur so, als meint der Autor, alle Klischees für erfolgreiche Thriller erfüllen zu müssen, als Beispiel die böse Vorgeschichte Julians durch die Vergewaltigungen durch seine Cousinen in seiner Kindheit. Vielleicht hat er ja einen Volkshochschulkurs mit dem Thema "Thrillerschreiben für Anfänger" besucht und dann die dort erhaltene To-Do-Liste abgehakt, so scheint es mir zumindest. Außerdem sind mir einige fragwürdige Fehler in der Übersetzung aufgefallen; wenn man als Übersetzer nicht weiß, dass "gymnasium" im Englischen nicht mit der deutschen weiterführenden Schule gleichzusetzen ist, sondern es sich hierbei um eine Turnhalle handelt, dann sollte man sich wirklich nochmal Gedanken über sein Grundwissen machen...

Alles in allem ist die Grundidee des Buches nicht schlecht, jedoch ist die Umsetzung zu hölzern und wirkt zu klischeehaft. Schade!