Leben im Pott

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"Kerl aus Koks" von Michael Brandner ist ein autobiographisch angereicherter Roman über ein Leben im Ruhrpott, der von der Nachkriiegszeit bis in die 90er Jahre hinein reicht. 

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Paul. Er wöchst zunächst bei Pflegeeltern in Bayern auf. Doch eines Tages steht seine leibliche Mutter vor der Tür und nimmt mit in den Ruhrpott, wo er ein neues Zuhause findet. Das Verhältnis zur Mutter ist nicht gerade einfach. Irgendwie kann Paul ihr so gar nichts Recht machen, stets fühlt sie sich zu Besserem und Höherem berufen und überträgt diese Maßstäbe auf Paul. In Helmut findet er jedoch einen liebevollen Vater, mit dem er gerne Fussball schaut und eine Bratwurst dazu isst. Wir begleiten Paul angefangen von seiner Kindheit in der Nachkriegszeit, über die Zeit beim Wehrdienst, das junge Erwachsenenleben mit ersten und durchaus zahlreichen Frauengeschichten und einem Musikerdasein bis hinein in seine Anfänge als Schauspielerin seinen 40er Jahren. 

"Kerl aus Koks" ist im Grunde eine Milieustudie des Ruhrpotts und als solche gut gelungen. Der Autor zählt in lebendiger und zum Teil humorvoller Sprache von Pauls Leben im Pott, wobei er autobiograpische Züge einbaut. Mir hat insbesondere der Part über Pauls Kindheit gut gefallen. Es hat mich berührt, wie er nach der Trennung von seiner Pflegefamilie im Pott einen Neustart hinlegt. So manchen Tiefschlag hat er im Laufe all der Jahre durchmachen müssen, doch nie hat er sich unterkriegen lassen. Der Ton ist durchgängig sehr positiv und lebensbejahend, auch wenn sein Leben des Öfteren auf der Kippe stand... Ich habe das Buch insgesamt gerne gelesen, auch wenn ich für gewöhnlich rein fiktive Geschichten bevorzuge. Allen, die biographisch inspirierte Romane gerne lesen und sich auch für Milieustudien interessieren, kann ich dieses Buch empfehlen.