Jagd nach der Wahrheit

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jennyreads Avatar

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Killer Potential beginnt mit einem echten Knalleffekt: Evie, eigentlich nur zum Nachhilfegeben in Beverly Hills unterwegs, stolpert in ein echtes Albtraumszenario – tote Eltern, eine gefesselte Frau im Haus, Panik, ein Schlag, und plötzlich ist sie nicht mehr bloß Zeugin, sondern mutmaßliche Täterin auf der Flucht. Der Einstieg sitzt: schnell, dramatisch, voller Fragen.

Was als spannungsgeladener Thriller beginnt, entwickelt sich dann aber zunehmend in eine andere Richtung – nämlich zu einem Roadmovie, das mitunter etwas auf der Stelle tritt. Die Flucht dominiert den Mittelteil des Romans, samt gestohlenen Autos, billigen Snacks und zufälligen Begegnungen, während die eigentliche Frage – wer hat die Victors getötet und warum? – eher in den Hintergrund rückt.

Evie, die zu Beginn noch klug, bissig und relativ sympathisch wirkt, verliert zunehmend an Schärfe. Ihre Entscheidungen wirken manchmal schwer nachvollziehbar, ihre Gedanken drehen sich im Kreis. Auch ihre mysteriöse Begleiterin bleibt über weite Strecken eine leere Projektionsfläche. Zwar bekommt sie später mehr Profil, doch das, was man über sie erfährt, bleibt eher durchschnittlich und reiht sich nicht wirklich überzeugend in die Handlung ein.

Was der Geschichte jedoch gelingt, ist die medienkritische Ebene: Wie schnell jemand in der Öffentlichkeit zur Heldin oder zur Monsterfigur gemacht werden kann, wird klug angedeutet. Auch die Frage, wie wir mit Wahrheit und Schuld umgehen – besonders in Zeiten von Social Media – gibt dem Roman eine interessante Dimension, die man sich stärker ausgearbeitet gewünscht hätte.

Am Ende ist Killer Potential ein Buch mit guten Ansätzen, das aber viel von seinem anfänglichen Schwung verliert. Der Thriller ist durchaus unterhaltsam, aber verschenkt zu viel Potenzial, um wirklich lange im Kopf zu bleiben.