Ein Frauenschicksal

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anna-karenina Avatar

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Meine Meinung zu dem Buch:

Kim Jiyoung ist eine Frau wie viele andere, eine Frau in Korea, eine Frau ohne Gesicht, eine wie Millionen andere. Das Buch erzählt in einem nüchternen und prosaischen Stil vom Leben Jiyoungs, die wie viele andere Frauen in Korea kein leichtes Leben hat und mit, mal direkter und mal subtiler, Frauenfeindlichkeit leben muss.

Das Cover ist unglaublich bedrückend. Das dominante Rot zeigt eine Bedrohlichkeit. Die Frau ohne Gesicht ist Kim Jiyoung, könnte aber genauso gut jede andere Frau in Korea oder der Welt sein, mit jedem anderen gewöhnlichen Leben. Das Cover spiegelt sehr gut die Atmosphäre des Romans wider.

Das Buch ist weniger Roman, als mehr ein Sachbuch. Wir finden Zitate, Beläge und Fußnoten und das Gefühl eines Films begleitet einen das ganze Buch über.

Viele Rezensionen die ich gelesen habe, kritisierten diesen prosaischen Stil, den nüchternen Ton und klare aber doch langweilige Erzählform, die weder von Stilmitteln noch von Ausschmückungen lebt. Dieses Buch ist einfach nicht zur Unterhaltung gedacht, es ist reinste Aufklärung. Es hat gesellschaftskritischen und journalistischen Charakter und gar nicht den Anspruch, jemanden zu unterhalten, sondern die Missstände einer Gesellschaft dem Rest der Welt aber auch Korea selbst zu enthüllen und entlarven. Wenn man Kritik an dem Stil übt, dann vielleicht nur, weil einem diese Missstände mit mehr Gefühl und mehr Emotionalität in der Schrift nähergebracht werden könnten und weil vielleicht einige Leser ohne Spannung die Motivation beim Lesen verlieren.

Aber das Buch soll nichts beschönigen und auch nicht dramatisieren. Es lässt durch seine objektive Form und klare Fassung genug Raum für Meinungen, für Gefühle. Der Leser soll sich selbst ein Bild machen, einen Standpunkt entwickeln.
Auch wenn bereits viele Gesetze und Regelungen im modernen Korea in Kraft getreten sind, die eine Gleichstellung von Mann und Frau bewirken sollen, muss die Gesellschaft noch viel Arbeit leisten, um das Denken der Menschen verändern zu können. Erschreckend war besonders, dass Frauen selbst von anderen Frauen schlecht dachten und auch Familienmitglieder keine Nachsicht zeigen wollten.

Der Roman zeigt zwar viel Abgrenzung und Negativität, aber doch hat die Autorin auch Züge von Veränderung, von positiven Erfahrungen und von netten Menschen einfließen lassen. Das zeigt trotz der schlimmen Missstände einen guten Weg in Richtung Veränderung und zugleich das Gute in Menschen.

Unterhaltung und Zerstreuung ist in diesem Roman nicht zu finden, für alle die von Gesellschaftskritik und Realität lesen wollen, sollen hier beherzt zugreifen.