Frauenleben in Südkorea

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
petris Avatar

Von

Die Autorin sagt im Nachwort zu dem Roman: „Immer wieder geht mir durch den Kopf, dass irgendwo da draußen eine Kim Jiyoung lebt. Wahrscheinlich, weil sie meinen Freundinnen, Bekannten und mir selbst ähnelt. (…) Ich glaube, sie hat eine entsprechende Entschädigung und Aufmunterung nötig. Sie sollte noch mehr Chancen und Auswahlmöglichkeiten bekommen.“
In ihrem Roman erzählt Cho Nam-Joo die Geschichte von Kim Jiyoung. Sie ist nicht in den 30er- oder 50er-Jahren geboren, sondern 1982. Doch manches, was ihr widerfährt, die systematische, tief in der Gesellschaft verankerte Frauenfeindlichkeit, klingt nach einem anderen Jahrhundert. Das beginnt schon damit, dass der Bruder immer die besten Stücke vom Essen bekommt, als einziger nicht bei der Hausarbeit helfen muss, das setzt sich in der Schule fort, wo Mädchen strengere Regeln für ihre Schuluniformen haben und diskriminiert werden. Im Job sind es die Männer, die die gut bezahlten Stellen bekommen, Frauen müssen sich Grapschereien, anzügliche Bemerkungen und schmierige Witze gefallen lassen. Auch wenn man zwischendurch denkt, es würde aufwärts gehen, Gesetze zur Gleichstellung entstehen, spätestens, wenn es dazu kommt, eine Familie zu gründen, sitzt die Frau wieder in der Falle. Fazit: Egal, was sie macht, sie kann es nie richtig machen. Bei Jiyoung führt das nach der Geburt ihrer Tochter zu einem Zusammenbruch. Damit beginnt der Roman und dann wird die Geschichte von vorne aufgerollt.
Die Zustände, die wir lesen, sind bedrückend und erschütternd. In sehr sachlichem Ton, gespickt mit Statistiken und Wissenswertem zum Thema Frauen in Südkorea erzählt die Autorin Jiyoungs Geschichte. Damit bildet sie ab, wie selbstverständlich und normal diese Missstände für die Frauen selbst sind. Immer wieder begehrt eine mutige Mitschülerin, Mitstudentin oder Arbeitskollegin auf, doch es ist schwer, gegen die selbstverständliche, schlechte Behandlung von Frauen anzukommen.
Mich hat der Roman berührt und mitgerissen. Es war interessant in diese, mir sehr fremde Welt extremen Leistungsdrucks einzutauchen. Die Autorin fesselt von der ersten Seite an, erzählt, erklärt, nimmt den:die Leser:in mit in eine andere Kultur. Ich war schockiert, freute mich, wenn es für Jiyoung aufwärts ging und war erstaunt, mit wie viel Freude und Kraft sie trotz allem durchs Leben ging.
Gleichzeitig ist es für mich auch ein Aufruf, auch in unserer Gesellschaft, weiter für die Gleichberechtigung von Frauen, gegen Frauenfeindlichkeit und Diskriminierung einzustehen. Auch Österreich zählt zu den Ländern, in denen Gender Pay Gap und Gender Care Gap sehr weit auseinander klaffen.
So hoffe auch ich, wie die Autorin für ihre Tochter hofft: „Ich glaube, die Welt, in der sie (meine Tochter) leben wird, wird besser sein als meine, und dafür kämpfe ich. Ich hoffe, alle Töchter dieser Welt können noch größer, höher und weiter träumen.“