Ich bin beeindruckt, aber auch entsetzt

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Kim Jiyoung, geboren 1982 von Nam-Joo Cho ist im Februar 2021 im Kiepenheuer & Witsch Verlag erschienen.


Über die Autorin (lt. Verlag):


Cho Nam-Joo war neun Jahre lang als Drehbuchautorin fürs Fernsehen tätig. Ihr Roman »Kim Jiyoung, geboren 1982« hat sich weltweit über zwei Millionen Mal verkauft und wurde bereits erfolgreich verfilmt. Sie lebt in Korea.



Über das Buch (lt. Verlag):


Cho Nam-Joo hat mit ihrem Roman einen internationalen Bestseller geschrieben. Ihre minimalistische und doch messerscharfe Prosa hat nicht nur viele Leserinnen weltweit begeistert, sondern auch Massenproteste in Korea ausgelöst. In einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul lebt Kim Jiyoung. Die Mitdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern – wie es von koreanischen Frauen erwartet wird. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn die schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Als die Psychose sich verschlimmert, schickt sie ihr unglücklicher Ehemann zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung. Ihr Verhalten wird stets von den männlichen Figuren um sie herum überwacht – von Grundschullehrern, die strenge Uniformen für Mädchen durchsetzen; von Arbeitskollegen, die eine versteckte Kamera in der Damentoilette installieren und die Fotos ins Internet stellen. In den Augen ihres Vaters ist es Jiyoung’s Schuld, dass Männer sie spät in der Nacht belästigen; in den Augen ihres Mannes ist es Jiyoung’s Pflicht, ihre Karriere aufzugeben, um sich um ihn und ihr Kind zu kümmern. »Kim Jiyoung, geboren 1982« zeigt das schmerzhaft gewöhnliche Leben einer Frau in Korea und gleichzeitig deckt es eine Alltagsmisogynie auf, die jeder Frau – egal, wo auf der Welt – nur allzu bekannt vorkommt.


Allgemeines:

Erschienen am 11.02.2021 als HC mit 208 Seiten für 18,00 € und
als ebook für 14,99 €
aus dem koreanischen übersetzt von Ki-Hyang Lee



Mein Leseeindruck:


Äußerlich betrachtet besticht das Buch durch seinen durchdringenden Rotton. Das Cover möchte auf jeden Fall Aufmerksamkeit erregen.

Kommen wir zum Inhalt und damit auch zum ersten bzw. dem Einleitungssatz: "Kim Jiyoung ist 33 Jahre alt, 34 nach koreanischer Zählung, denn in Korea gilt ein Kind in seinem Geburtsjahr bereits als einjährig und wird am darauffolgenden Neujahrstag zwei."
In den folgenden Kapiteln beschreibt die Autorin sehr eindrucksvoll, mit welchen Schwierigkeiten eine junge Frau in Korea zu rechnen hat.
Der Roman beleuchtet die Vergangenheit von Jiyoung bis hin zum Druck bei der Geburt unbedingt einen Sohn gebären zu müssen. Sehr deutlich wird die Rollenverteilung im Land erörtert und ich, als Leser, kam oft aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Ein Land, das eigentlich als technisch fortschrittlich gilt, zeigt sich hier von erstaunlicher Borniertheit und man spürt, wie die Regierung die Bildung der Menschen klein hält. Die Ungerechtigkeit die in diesem Roman verdeutlicht wird, lässt mich oft fassungslos zurück.


Fazit:

Kim Jiyoung, geboren 1982 von Nam-Joo Cho ist ein gesellschaftlich kritischer Roman, die in gewisser Weise mit der Politik des Landes abrechnen. Anhand der jungen Frau Jiyoung erhält der Leser Einblicke in die Ungerechtigkeiten und anderen Sicht- und Handlungsweisen. Auf über 200 Seiten schafft die Autorin eine Atmosphäre, die den Leser erstaunt, verärgert aber auch ratlos zurücklässt. Ich fühlte mich durchgängig gut unterhalten, wenngleich es kein Unterhaltungsroman ist.