Nichts wirklich Neues

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tsubame Avatar

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Wahrscheinlich liegt es an meinem Japanologie-Hintergrund, dass ich vom Schicksal Kim Jiyoungs nicht sonderlich geschockt bzw. überrascht war, aber das koreanische Frauenbild unterscheidet sich eben nicht wesentlich von dem japanischen. Neu ist allerdings die Methode, in Romanform einen Blick auf das Leben koreanischer Mädchen/Frauen zu werfen und so steht der Titel "Kim Jiyoung, geboren 1982" für eine ganze Generation und weniger für eine individuelle Persönlichkeit.

Das macht die Figur der Kim Jiyoung allerdings auch ziemlich farblos und so liest man zwar über all die Ungerechtigkeiten, die dem Kind und später dann der jungen Frau in den Jahren 1982 - 2015 widerfahren, empört sich und schüttelt womöglich den Kopf, man kann sich aber nicht so richtig mit ihr identifizieren. Zumindest mir erging es so.

Einzig die Stelle, wo sie ihren Lehrer anfleht, sie von ihrem Klassenkameraden wegzusetzen, der sie unablässig ärgert, kam mir irgendwie bekannt vor. Denn das habe ich als Kind auch erlebt und genau wie Kim Jiyoung konnte ich in diesem Verhalten keinerlei "Sympathiebekundung" erkennen. Dass man in diesem Alter leidet und sich schämt, kann ich also gut nachvollziehen, dass die Scham aber bis ins Erwachsenenalter Begleiter ist, empfinde ich als schade, denn ich habe im Laufe der Jahre dann doch gelernt, meinen Mund aufzumachen. Nicht so Kim Jiyoung. Sie schweigt, obwohl sie sich gerne zur Wehr setzen würde.

Die Erfahrungen, die Kim Jiyoung im Berufsleben macht, Mutterschaft, Kündigung und die Rückkehr in einen unterbezahlten Job, werden von der Autorin alle mit Verweisen auf diverse Quellen untermauert.

Mit seinen gerade mal 207 Seiten ist das Buch eine schnelle Lektüre, vom Stil her eher nüchtern und weniger Roman als vielmehr Studie.

Ich fand die Figur der Kim Jiyoung leider etwas blass und desorientiert. Zum Schluss hatte ich den Eindruck, dass sie überhaupt nicht weiß, was sie eigentlich will. Aber mit 33 Jahren bleibt einem ja eigentlich noch genug Zeit, das herauszufinden.