Neue Lebensabschnitte

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lesefee23.05 Avatar

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„Sie spürte die Hoffnung auf eine neue Zukunft ihren Körper fluten und fasste sich unbewusst an jene Stelle ihres Halses, wo morgen endlich wieder ihr Stethoskop hängen würde.“

„Kinderklinik Weißensee - Geteilte Träume“ ist der vierte und letzte Band der „Die Kinderärztin“-Reihe von Antonia Blum. Er erschien im Februar 2024 und kann theoretisch unabhängig von den anderen Bänden gelesen werden.

Berlin, 1948 - mit dem letzten Band der Buchreihe lässt die Autorin seit Band 3 17 Jahre vergehen. Verständlicherweise wollte sie nicht beschreiben, wie es Marlene und Emma und ihren Familien während des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkrieges erging. Nichtsdestotrotz wird im Roman aber jeweils knapp aufgegriffen, wie es der Familie während dieser dunklen Zeit erging.
1948 ist diese Zeit allerdings vergangen und ein neue Zeit beginnt. Emma und Marlene sind wieder an der Kinderklinik beschäftigt, doch auf Grund der Entnazifizierungsmaßnahmen werden Marlene und Maximilian als wohlhabende Bürger plötzlich verfolgt - angeblich sollen sie die Nazis finanziell unterstützt haben. Mit viel Glück können sie sich nach Westberlin flüchten, der Enteignung aber nichts mehr entgegensetzen.
Ab diesem Zeitpunkt führen Marlene und Emma erstmals getrennte Leben mit unterschiedlichen Ansichten bezüglich des politischen Systems. Es fällt ihnen schwer, die Ansicht der jeweils anderen zu verstehen und auch verzeihen ist nicht immer leicht.
Die personalen Erzählperspektiven wechseln sich auch in diesem Roman ab, der Fokus liegt aber Lissi, Emmas Tochter, die mittlerweile selbst als Ärztin in der Kinderklinik tätig ist.
Insgesamt geht es an der Kinderklinik wieder einmal hoch her. Neben der Versorgung der kleinen Patienten hält eine Polioepidemie die Klinik und ganz Berlin auf Trapp. Zeitgleich muss die Klinik in Schuss gehalten werden, um baulich nicht zusammenzubrechen und Baumaterialien sind mehr als knapp. Lissi selbst hat neben ihrer Arbeit auch mit ihren Gefühlen zu kämpfen, denn Doktor Olivera ist mehr als attraktiv aber auch die Poliofälle machen ihr sehr zu schaffen, denn sie selbst ist von der Kinderkrankheit gezeichnet…
Historische Begebenheiten wie die Polioepidemie, das politische System der DDR, die Einheitspartei SED, die Luftbrücke sowie die generelle Trennung von Ost und West werden brillant in die Handlung eingewoben.
Der Schreibstil ist mitreißend und flüssig, die Seiten flogen für mich nur so dahin. Mir haben erneut das Setting sowie die einzelnen Figuren sehr gut gefallen. Die Verlagerung des Schwerpunkt auf Lissi ist gut gelungen, ich hätte mir lediglich gewünscht, mehr von Theodor zu erfahren. Dieser hatte in Band 3 ja eine recht große Rolle eingenommen und taucht in diesem Teil dann leider nur als Randfigur auf. Ich hätte gerne gewusst, wie es ihm ergangen ist.
Dies ist aber nur ein kleiner Wermutstropfen und insgesamt habe ich großartige Lesestunden in der Kinderklinik verbracht und bewundere die Einarbeitung der historischen Fakten, welche erneut durch das Nachwort abgerundet werden. Auch die Kinderklinik selbst basiert auf historischen Begebenheiten und ist mittlerweile leider ein Lost Place.

Mein Fazit: Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung für die gesamte Buchreihe. Es geht um starke Frauen, medizinische Geschichte und mitreißende Schicksale mit einem Happy End. Von mir gibt es auch für den letzten Band 5 von 5 Sternen!