Perfekter Reihenabschluss

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Die Kinderklinik Weißensee schließt mit diesem finalen vierten Band „Geteilte Träume“ seine Pforten. Alles begann 1911, an Marlenes sechstem Geburtstag. Mit Emma, ihrer kleinen Schwester, isst Marlene ganz viel Streuselkuchen, als Mama sich zusammenkrümmt und stirbt. Seitdem ist viel geschehen, beide haben ihre Ausbildung in der Kinderklinik Weißensee gemacht und sind dieser treu geblieben – Marlene als spätere Ärztin und Emma als Pflegeleiterin.

Band vier ist in der Nachkriegszeit angesiedelt. Ost und West driften auseinander, die politischen Verhältnisse richten auch innerhalb der Familien viel Schaden an. Berlin in den Jahren 1948/49 war die dieser Zeit in vier Sektoren geteilt. Die Kinderklinik Weißensee liegt in der sowjetischen Besatzungszone, Lissi und Emma leben hier, im Osten. Marlene und Max, der adeliger Abstammung ist und schon allein deshalb als Staatsfeind angesehen wird, müssen kurzerhand in den Westen fliehen. Nicht nur dadurch wird die Familie zerrissen, auch spielen konträre politische und gesellschaftliche Ansichten eine nicht zu unterschätzende Rolle.

In der Kinderklinik sorgt neben der täglichen Arbeit der Ausbruch der Kinderlähmung für viel Sorgen und Leid. Mittendrin ist Lissi, Emmas Tochter und junge Assistenzärztin. Die Klinik wird mittlerweile von einem strammen Genossen geleitet, der Lissi nicht gerade wohlwollend gegenübersteht. Als dann der erste Verdacht einer Kinderlähmung aufkommt, sieht sich Lissi mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Auch sie musste gegen diese Krankheit ankämpfen, ihr kürzeres Bein erinnern sie an ihre Leidensgeschichte. Bei dem einen Verdachtsfall bleibt es nicht, immer mehr Kinder sind mit dem Poliovirus infiziert.

Der dritte Band dieser Reihe liegt schon eine ganze Weile zurück, ich habe mich aber schnell wieder akklimatisiert, habe mich in Weißensee mitsamt dem Klinikalltag bald wieder heimisch gefühlt. Lissi tritt ihre Stelle als Assistenzärztin an, jedoch kommt es anders als erwartet. Sie hat nicht nur mit Selbstzweifeln zu kämpfen, auch liegen Lügen und Intrigen, Liebe und Verrat, aber auch Freundschaft und unbedingter Zusammenhalt dicht beieinander. In diesen Nachkriegsjahren mangelt es an allen Ecken und Enden, selbst die in die Jahre gekommene Klinik ist marode.

Antonia Blum vermittelt diese Jahre sehr anschaulich, die über vier Bände lieb gewordenen Figuren haben die Jahrzehnte nicht unbeschadet überstanden, sie haben sich weiterentwickelt, sie haben gelebt, miteinander gelacht, sich zerstritten und versöhnt, mussten viel Leid ertragen und drohten daran zu zerbrechen. Sie agierten lebensnah, waren authentisch und so manches Mal auch unerbittlich. Und nun heißt es Abschied nehmen von ihnen allen, ich wünsche ihnen alles erdenklich Gute.

Die Geschichte einer Klinik vor dem gesellschaftlichen und politischen Hintergrund über ein halbes Jahrhundert mit den einhergehenden Epidemien ist auserzählt, es war ein kurzweiliges Leseerlebnis, das ich gerne weiterempfehle.