Einfach nur dabei

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gkw Avatar

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Das Buch handelt von drei Freunden - die Ich-Erzählerin, Mounia und Leon, die zusammen in einer Kleinstadt aufwachsen, nach dem Abitur zusammen in die Großstadt ziehen und auf der Suche sind nach ihrer Jugend und Unbeschwertheit, Freiheit, Abenteuern, Erlebnissen. Das klappt nicht - also die Suche ist nicht erfolgreich. Und so suchen sie weiter, immer mit dem Gefühl, etwas zu verpassen. Und tatsächlich verpassen sie alles oder es ist nur eine Illusion, das überhaupt etwas stattfindet, das mag der Leser nun selbst bewerten.

Hört sich nicht schlecht an, war aber dann doch nicht so gut, wie ich es mir vorgestellt habe. Tatsächlich lese ich sehr gerne Coming of Age Romane, obwohl die Lebensphase für mich schon sehr lange vorbei ist. Es lag also nicht an meinem Alter, es lag an dieser Story, die leider keine Story hat. Mir fehlte irgendwie eine "Geschichte", ein Handlungsfaden, ein besonderes Problem oder Thema.

Sprachlich hat mir das Buch gut gefallen. Ilona Hartmann erzählt häufig mit kurzen, schmucklosen Sätzen, aber doch sehr treffend und authentisch.
" Ich lief oft nach der Schule ziellos allein durch die Stadt, stets darauf bedacht, nicht die gleichen Orte zweimal zu passieren, damit niemand auf die Idee käme, ich liefe allein ziellos durch die Stadt."
Immer wieder gab es auch Sätze, die es wert waren, notiert zu werden:
"Es ging nicht um die Gemütlichkeit, die das Fachwerk versprach, die aber dann menschlich nicht eingelöst wurde."

Gestört habe ich mich an den Gendersternchen, die den Lesefluss unterbrochen haben. Im letzten Jahr habe ich schon einmal ein Buch mit Gendersprache gelesen, bei dem es mich nicht störte. Vielleicht waren es keine expliziten Sternchen, sondern eine andere Darstellung, ich weiß es nicht mehr. Hier waren es Sternchen und die haben mich total gestört.

Sehr gut fand ich den fragmentarischen Aufbau, kurze Kapitel, manches kleine Geschichten, anderes nur Splitter. Das hatte ich auch schon einmal in einem anderen Buch und auch auf diese Weise kann man eine Geschichte gut erzählen, wenn denn eine da ist.

Das Buch und die Personen kamen für mich so rüber, wie es die Ich-Erzählerin beschreibt:
"Wir waren keine klassischen Loser, eher einfach bleiche Füllmasse für die sonst pastellfarbene Fußgängerzone. ... Wir waren langweilig und peinlich. Wir waren nicht rau oder cool oder schön, wir waren einfach nur auch dabei."
So sind sie für mich leider geblieben, bleiche Füllmasse, langweilig und dabei.
Aber vielleicht geht es darum ja auch. Auf der Rückseite des Buches steht: ""Klarkommen" ist Entlastungsliteratur für alle, die aus welchen Gründen auch immer, nicht so leicht frei und jung sein können oder konnten, wie sie gerne gewesen wären."

Wenn es also Ziel des Buches war, langweilige und belanglose Jugend zu beschreiben (die es natürlich tatsächlich und wahrscheinlich auch häufig gibt) und damit zu verdeutlichen, dass das normal ist und so den Druck herauszunehmen, der heutzutage immer mehr durch die Vergleiche mit den aufregenden Erlebnissen hipper Menschen in Social Media entsteht, dann ist das gut gelungen.