So langweilig wie das Leben manchmal auch

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ceciliasophie Avatar

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Klarkommen liest sich fast autobiografisch, auch wenn oder gerade weil der Name der Protagonistin nie genannt wird.
Es geht um diese ganz besondere Zeit rund um das Abitur, den Weggang aus der Heimatstadt, dem Studieren in der (nicht benannten) Großstadt. Denn dies erlebt die Protagonistin mit ihren beiden Freunden Mounia und Leon, mit denen sie letztlich auch in eine WG zieht.

Ich konnte mich in ein paar Worten wiederfinden, in anderen wiederum überhaupt nicht.
So ist es eben immer, man lebt sein eigenes Leben, schafft sich seine eigenen Erinnerungen und manchmal gibt es Überschneidungen mit den Erinnerungen und Erfahrungen anderer Personen. Doch schon meine Erinnerung an meine Schulzeit weicht von denen meiner besten Freundin ab. Zum Glück, schließlich sind es unsere eigenen Leben und nicht das Leben von vielen.
Deswegen mochte ich das Buch und ich mochte es auch wieder nicht. Ich konnte mich mit bestimmten Dingen identifizieren, andere waren mir vollkommen fremd.
Ich glaube, dass Klarkommen ein Buch ist, das man unweigerlich mit seinen eigenen Erfahrungen abgleicht, das ich deswegen auch irgendwie sehr persönlich genommen habe. Zumindest könnte es auch jemandem so gehen, der ebenfalls gut behütet groß geworden ist, an einem Gymnasium in Deutschland sein Abitur gemacht hat und eventuell zum Studieren weggezogen ist.

Die Kapitel sind sehr kurz gehalten, manche sind nur eine Handvoll Seiten lang. Ich habe das Hörbuch gehört und fand es mit den kurzen Kapitel sehr abwechslungsreich.
Auch wenn die Kapitel immer andere Themen als Schwerpunkte behandeln, so gibt es doch eine gewisse chronologische Reihenfolge. Manchmal springt die Erzählperspektive in die Vergangenheit und die Protagonistin erzählt über eine Erinnerung ihrer Kindheit, dann wieder ist das nächste Kapitel erneut im gefühlten Hier und Jetzt in der WG angekommen.
Ich mochte auch diese Wechsel wirklich gerne und finde, dass die Autorin ein gutes Gefühl hat für die richtigen Erzählpunkte.

Vereinzelt habe ich selber über bestimmte Erinnerungen von mir nachdenken müssen. In einem Kapitel geht es um eine Familienfeier auf dem Land und hier hatte ich zum Beispiel gleich eigene Erinnerungen vor Augen.
Bei vielen Kapiteln aber musste ich dann doch eher den Kopf schütteln. Klar, die Geschichte lebt irgendwo von der Naivität und Unwissenheit der Charaktere, aber es fehlt irgendwie vor allem an einem: einer Geschichte. Für diese war auf den 224 Seiten beziehungsweise in den 208 Minuten Hörbuch kein Platz.
Ich ertappte mich sehr häufig dabei, dass ich mich darüber wunderte, warum das Buch publiziert worden ist. Es muss nicht immer ein dicker Wälzer voller Belanglosigkeit sein und nicht jedes publizierte Buch muss ein literarisch hochtrabender Roman werden. Aber dies sind heruntergebrochen einfach Erfahrungen einer relativ privilegierten Person und irgendwie könnte es fast jede Person unter 40 im meinem Umfeld geschrieben haben. Also bitte nicht missverstehen, selbst ich konnte mich ja mit einigen Dingen identifizieren. Und ich bin immer für Nachschub auf dem Buchmarkt. Aber warum das Medium Buch für Beiträge, die man so auch auf Instagram finden könnte und würde?

Ich habe das Hörbuch vertont von Jodie Alhorn gehört und fand sie als Erzählstimme absolut passend.

Ich glaube, dass Klarkommen für Personen Anfang 20 noch passender sein könnte als für mich. Dieser Abschnitt meines Lebens liegt zwar noch nicht allzu lange zurück, aber mit Anfang 20 hätte das Buch in mir vielleicht etwas länger nachgeklungen. Ich war mit jetzt Anfang 30 beim Hören des Hörbuchs durch bestimmte Passagen eher nostalgisch gestimmt.
Aber nun ja, das Buch ist vielleicht auch einfach das, was das Leben manchmal ist: langweiliger als erwartet.