Der Abgrund im eigenen Kind?!?
Pia ist fassungslos. Zusammen mit ihrem Partner Jakob ist sie von der Lehrerin ihres siebenjährigen Sohnes Luca zum Gespräch einbestellt worden. Zwischen viel zu kleinen Kinderstühlen und -tischen sehen sich die beiden einer alarmierten Grundschullehrerin gegenüber und müssen betroffen hören, dass es einen Vorfall gegeben hat: Luca sei in der Pause mit einem Mädchen unbeobachtet im Klassenzimmer zurückgeblieben und es soll nach Angaben des Mädchens zu einem Übergriff gekommen sein. Was genau passiert ist, erfährt man als Leser*in zunächst nur indirekt und in Andeutungen. Aus den Reaktionen und Nachfragen der Lehrerin wird aber sofort deutlich, dass es sich um einen sexuell konnitierten Übergriff gehandelt haben muss. Luca habe das Mädchen wohl zu Dingen genötigt, die dieses nicht wollte, angeblich sei dies mehrfach passiert. Die Eltern sind bestürzt, die Nachfragen der Lehrerin (»Hat Luca vielleicht etwas gesehen,
das ihn verwirrt haben könnte?«, »Ist er manchmal mit anderen Erwachsenen allein? Einem
Onkel, zum Beispiel, oder einem Nachbarn?«) schockieren und beschämen sie zugleich. Mit ihrem Sohn fühlen auch sie sich auf der Anklagebank.
Pia ist außer sich, sie spürt, dass sie sich nicht mehr auf ihre Intuition verlassen kann, dass ihre Welt ins Wanken gerät, ihre Koordinaten nicht mehr stimmen. Diese Vorwürfe kann das andere Kind sich doch nur ausgedacht haben? Bislang war auch sie derselben Überzeugung wie die Lehrerin gewesen - Mädchen und Frauen erfinden so etwas nicht:
"Frauen muss man glauben – ohne Wenn und Aber. Zu viele Frauen trauen sich nicht, etwas zu sagen, aus Angst, dass
ihnen nicht geglaubt wird. Deswegen, glauben, immer. Das ist meine Überzeugung." (S. 7)
Aber im selben Moment muss sie an ihren kleinen Jungen denken, die kleine Babyhand, wie sie ihren Finger das erste Mal umklammert hielten ... unvorstellbar, dass dieses kleine Geschöpf, das ihr so nah ist wie niemand sonst, das sie meint in- und auswendig zu kennen, in der Lage ist anderen Gewalt anzutun. In ihr kämpfen die Wut und das Bedürfnis, sich schützend vor ihr Kind zu werfen und die Anschuldigungen abzuwehren, mit dem Schock über die Erkenntnis, dass ihr Kind möglicherweise zu Dingen im Stande sein könnte, die ihr bislang unvorstellbar schienen.
Pia und Jakob sind zunehmend ratlos, wie sie reagieren sollen. Gerne würden sie mir dem betroffenen Mädchen sprechen, doch die Lehrerin will den Namen nicht nennen.
Auch im Gespräch mit Sohn Luca kommen sie nicht weiter - der schweigt, zwischen Angst, Scham und Schuldbewusstsein, und gibt allenfalls durch ein Nicken zu verstehen, dass er "etwas gemacht" habe (S. 21)
Die Eltern sind in Aufruhr - zwischen reflexartigen Beschützerinstinkt, ihren eigenen Überzeugungen von einer verständnisvollen, gewaltfreien Erziehung und dem Entsetzen über die dämmernde Erkenntnis, dass ihr Kind entgegen all ihrem Bemühen in einer für sie nicht mehr nachvollziehbaren Weise handeln könnte.
Dabei geht es den Lesern genauso wie Pia und Jakob, denn Luca wird (zumindest auf diesen ersten 30 Seiten) keineswegs als verhaltensauffälliges Kind, gar als Systemsprenger vorgestellt, sondern erscheint als stiller, in sich gekehrter Junge, der etwas Belastendes mit sich herumzutragen scheint und vor lauter Kummer sogar wieder beginnt das Bett einzunässen ...
Bevor Pia und Jakob also klären können, was überhaupt vorgefallen ist und auch Lucas Version der Ereignisse zu hören bekommen, bekommen sie unmittelbar die sozialen Folgen zu spüren - man hat sie aus der WhatsApp -Elterngruppe ausgeschlossen und damit sind sie ausgegrenzt, Parias, von jeglicher Kommunikation ausgeschlossen. Auch die Mutter von Lucas bestem Freund Mattis geht verlegen auf Abstand, spricht nebulös von Dingen, die erzählt werden, ist aber ebensowenig bereit, Pia und Jakob darüber aufzuklären, wer hier eigentlich welche Vorwürfe gegen ihr Kind und letztlich sie erhebt. Das Urteil scheint bereits gesprochen, ohne dass sie überhaupt gehört wurden und die Chance gehabt hätten, mit der Familie des Mädchens zu sprechen.
Eine Familie in Aufruhr ... und nur Pias Traum, der ein Erlebnis mit ihren Schwestern in der Kindheit erinnert, und der Titel "kleine Monster" deuten an, dass unter der Oberfläche dieser Kleinfamilie noch mehtzu brodeln scheint ...
Durch die Ich-Perspektive der erzählenden Pia werden wir als Leser*innen in die Handlung hineingezogen und rauschen mit ihr durch die Achterbahn ihrer Emotionen ... super spannend und fesselnd ... und man will so schnell wie möglich weiterlesen und wissen, was da noch so alles passieren wird!
das ihn verwirrt haben könnte?«, »Ist er manchmal mit anderen Erwachsenen allein? Einem
Onkel, zum Beispiel, oder einem Nachbarn?«) schockieren und beschämen sie zugleich. Mit ihrem Sohn fühlen auch sie sich auf der Anklagebank.
Pia ist außer sich, sie spürt, dass sie sich nicht mehr auf ihre Intuition verlassen kann, dass ihre Welt ins Wanken gerät, ihre Koordinaten nicht mehr stimmen. Diese Vorwürfe kann das andere Kind sich doch nur ausgedacht haben? Bislang war auch sie derselben Überzeugung wie die Lehrerin gewesen - Mädchen und Frauen erfinden so etwas nicht:
"Frauen muss man glauben – ohne Wenn und Aber. Zu viele Frauen trauen sich nicht, etwas zu sagen, aus Angst, dass
ihnen nicht geglaubt wird. Deswegen, glauben, immer. Das ist meine Überzeugung." (S. 7)
Aber im selben Moment muss sie an ihren kleinen Jungen denken, die kleine Babyhand, wie sie ihren Finger das erste Mal umklammert hielten ... unvorstellbar, dass dieses kleine Geschöpf, das ihr so nah ist wie niemand sonst, das sie meint in- und auswendig zu kennen, in der Lage ist anderen Gewalt anzutun. In ihr kämpfen die Wut und das Bedürfnis, sich schützend vor ihr Kind zu werfen und die Anschuldigungen abzuwehren, mit dem Schock über die Erkenntnis, dass ihr Kind möglicherweise zu Dingen im Stande sein könnte, die ihr bislang unvorstellbar schienen.
Pia und Jakob sind zunehmend ratlos, wie sie reagieren sollen. Gerne würden sie mir dem betroffenen Mädchen sprechen, doch die Lehrerin will den Namen nicht nennen.
Auch im Gespräch mit Sohn Luca kommen sie nicht weiter - der schweigt, zwischen Angst, Scham und Schuldbewusstsein, und gibt allenfalls durch ein Nicken zu verstehen, dass er "etwas gemacht" habe (S. 21)
Die Eltern sind in Aufruhr - zwischen reflexartigen Beschützerinstinkt, ihren eigenen Überzeugungen von einer verständnisvollen, gewaltfreien Erziehung und dem Entsetzen über die dämmernde Erkenntnis, dass ihr Kind entgegen all ihrem Bemühen in einer für sie nicht mehr nachvollziehbaren Weise handeln könnte.
Dabei geht es den Lesern genauso wie Pia und Jakob, denn Luca wird (zumindest auf diesen ersten 30 Seiten) keineswegs als verhaltensauffälliges Kind, gar als Systemsprenger vorgestellt, sondern erscheint als stiller, in sich gekehrter Junge, der etwas Belastendes mit sich herumzutragen scheint und vor lauter Kummer sogar wieder beginnt das Bett einzunässen ...
Bevor Pia und Jakob also klären können, was überhaupt vorgefallen ist und auch Lucas Version der Ereignisse zu hören bekommen, bekommen sie unmittelbar die sozialen Folgen zu spüren - man hat sie aus der WhatsApp -Elterngruppe ausgeschlossen und damit sind sie ausgegrenzt, Parias, von jeglicher Kommunikation ausgeschlossen. Auch die Mutter von Lucas bestem Freund Mattis geht verlegen auf Abstand, spricht nebulös von Dingen, die erzählt werden, ist aber ebensowenig bereit, Pia und Jakob darüber aufzuklären, wer hier eigentlich welche Vorwürfe gegen ihr Kind und letztlich sie erhebt. Das Urteil scheint bereits gesprochen, ohne dass sie überhaupt gehört wurden und die Chance gehabt hätten, mit der Familie des Mädchens zu sprechen.
Eine Familie in Aufruhr ... und nur Pias Traum, der ein Erlebnis mit ihren Schwestern in der Kindheit erinnert, und der Titel "kleine Monster" deuten an, dass unter der Oberfläche dieser Kleinfamilie noch mehtzu brodeln scheint ...
Durch die Ich-Perspektive der erzählenden Pia werden wir als Leser*innen in die Handlung hineingezogen und rauschen mit ihr durch die Achterbahn ihrer Emotionen ... super spannend und fesselnd ... und man will so schnell wie möglich weiterlesen und wissen, was da noch so alles passieren wird!