Ein ganzer Tag und ein ganzes Leben

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januar12 Avatar

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Was für eine Geschichte! Was für ein Eintauchen in die Gedanken und Gefühle eines Menschen, der so ganz anders denkt und tickt als ich. Und dennoch, schiebt nicht jeder mal etwas auf die lange Bank?
Der Roman ist voller Bandwurm-Gedanken, endlos erscheinende Rechtfertigungen, aber auch kleinen Hoffnungsschimmern, dass am Ende vielleicht, aber auch nur vielleicht, es sich alles zum Guten wenden könnte, denn die Hauptfigur versucht sich selber buchstäblich aus dem Dreck zu ziehen und sein "Leben" in den letzten Stunden des Jahres auf die Reihe zu bekommen. Denn es ist der 31.12., soviel ist noch zu tun, was Lars, 49, die letzten Wochen und Jahre nicht geschafft hat, soll nun glücken, vielleicht, aber auch nur vielleicht, kommt dann ja auch Johanna, seine Lebensgefährtin und Mutter seiner zwei erwachsenen Kinder, wieder zurück. Aufräumen, Bett zusammen bauen, Vater anrufen, Nudelsalat machen, Geschenke einpacken, klingt nach einfach zu erledigen Dingen, doch es sind genauso Mammutaufgaben für Lars wie Dachrinne säubern, mit dem Rauchen aufzuhören und endlich sein Lebenswerk zu schreiben.

Wie oft habe ich den Kopf geschüttelt über den Protagonisten, der statt anzupacken abschweift, aus Mücken Elefanten macht, mit sich debattiert und sich in seine eigene (Komfort)zone zurückzieht. Anstrengend auch als Leser, weil man ihn am liebsten am Kragen packen würde oder sinnbildlich in den Hintern treten möchte. Anderseits auch voller Mitleid, weil er es kaum schafft aus seiner Haut zu schlüpfen. Doch der 31.12., der letzte Tag, ist für ihn auch ein persönlicher Ultimo und so setzt er alles dran, in seiner Art, die Liste an Aufgaben, die er sich gesetzt hat, abzuarbeiten. Und er gerät immer mehr in Schwung, jeder Haken auf seiner Liste ein triumphaler Erfolg für ihn.

Ein ungewöhnlicher, intensiver, anstrengender, tragik-komischer Roman mit philosophischen Gedanken "über die Sehnsucht nach Sinn. Über die Liebe, den Tod und die Steuerklärung. Und darüber, wie unendlich schwer es ist, sich nicht einfach wieder aufs Sofa zu legen."